Die Luftraumstruktur in Frankreich ist sehr viel komplizierter als die in Deutschland – so sieht es zumindest auf einen ersten und auch zweiten Blick in entsprechendes Kartenmaterial aus. Interessanterweise gibt es für Frankreich – anders als für Deutschland – nur zwei offizielle Kartenversionen; beide Versionen bilden Gesamtfrankreich ab und unterscheiden sich dahingehend, dass die eine Version werktags gilt und die andere am Wochenende, da viele TMAs (Terminal Maneuvering Area) sind nur werktags aktiv sind.
Um Fliegen in Frankreich den Vereinsmitgliedern dennoch „schmackhaft“ zu machen, bot Bernhard Hehn nach einer Idee von Dieter Kohl ein Seminar zu „Fliegen in Frankreich“ an. Nach zwei Vorbereitungsterminen zur Theorie stand dann auch die Praxis, ein Flug nach Nancy-Essey LFSN an.
Am ersten Vorbereitungsabend (3.08.2023) wurden die Besonderheiten des französischen Luftraums besprochen und die Route festgelegt. Mehrere TMAs waren auf der Route zu queren und ein entsprechender „Transit“ anzufragen. Eine besondere Herausforderung war das AIP Supplement 282/22 bei Grostenquin (ZRT GTQ) mit seinen vier Sektoren A,B,C und D. Diese haben zur Erhöhung des Schwierigkeitsgrades auch noch unterschiedliche Ausdehnungen und Höhenstaffelungen sowie Überlappungen mit anderen militärischen Lufträumen. Weiterhin erschweren definierte Tieffluggebiete (AZBA) die Planung der Route; ob diese am folgenden Tag aktiv sind, erfährt über spezielle NOTAMs. Auch das Einfliegen in die Platzrunde unterscheidet sich von dem üblichen Verfahren in Deutschland. Der Platz wird zunächst auf Höhe einer Schwelle in deutlich in höherer Höhe als Platzrundenhöhe gequert und dann sinkt man langsam in die Platzrunde ein. Auch die üblichen französischen Funkfloskeln in der Platzrunde wurden für den Fall der Fälle geübt.
Der zweite Vorbereitungsabend (10.08.2023) diente dann der Aufgabe des Flugplans und Klärung letzter Fragen. Die Wettervorhersage versprach beste Bedingungen für den nächsten Tag, so dass der Flug wie geplant am Freitag, den 11.08., also einem Werktag stattfinden konnte und nicht der Ersatztermin am Wochenende gewählt werden musste. Klar war, die Herausforderung am Ausflug nach Frankreich war weniger das eigentliche Fliegen als das Funken mit den französischen Controllern. Ausgestattet mit allen wichtigen Informationen wie z.B. der Telefonnummer zum Schließen des Flugplans in Frankreich fühlten sich alle für den Trip nach Nancy bestens vorbereitet.
Freitagmorgen 9:00 war es so weit; vier ULs waren startklar und hoben in geplanter Reihung ab. Bernhard und Florian bildeten die Crew der D‑MKEF, Frank und Anett flogen mit der D‑MMZD. Armin und Peter waren mit der D‑MHHC unterwegs und Dieter und Alex machten sich mit der D‑MMZF auf den Weg. Die Flugdauer war – je nach Flugzeugmuster – mit 1:10 h bzw. 1:15 h veranschlagt; die Flugpläne wurden mit Abheben vom Turm in Mainz aktiviert.
Kurz nach Saarbrücken verwies uns Langen Information auf Strasbourg Information und der Transit durch die TMA R163B auf einer Höhe von 4.500 ft war anzufragen. Dieser wurde problemlos genehmigt. Da auf dem französischen Funkkanal kaum Aktivität war und die erste Freigabe sehr einfach verlief, wurden die nächsten drei Freigaben en bloc angefragt und ebenso schnell genehmigt. Die Grostenquin ZRT GTQ Grostenquin war nicht aktiv, so dass wir uns darüber keine weiteren Gedanken machen mussten. Kurz vor Nancy-Essey ging es in den Sinkflug; hier galt es die D Lufträume 3.800 ft und 2500ft zu beachten.
Der Platz in Nancy liegt auf ca. 750 ft; die Platzrundenhöhe mit 2.100 ft etwas höher in Mainz und die Bahn selbst komfortable 1.600 m lang. Aufgrund des geringen Winds war im Vorfeld unklar, ob wir die Piste 07 oder 25 für den Landeanflug erhielten. Es wurde dann die Piste 07. Dieser Anflug führt über mehrere Gewässer und ist sehr sehenswert; der Platz selbst ist sehr gut zu sehen und der Controller auf dem Turm sehr gut zu verstehen. D‑MKCF, D‑MMZD, D‑MHHC und D‑MMZF landeten in der Reihenfolge, in der sie auch in Mainz gestartet waren, und ließen ihre Flugpläne telefonisch schließen.
Nachdem alle Flugzeuge gut abgestellt waren, wurde mit Aerops bezahlt, was den Gang auf den Turm erspart. Die Tür zum Flugplatzgebäude lässt sich — wie an vielen französischen Flugplätzen üblich — mit der Platzfrequenz öffnen. Die Bushaltestelle nach Nancy liegt rund 700 m vom Platz entfernt; der Bus fährt alle 20 min. rund 45 min später waren wir in der Stadtmitte, am Place Stanislas (beeindruckend) und gönnten uns dort erst einmal einen Cafe au lait oder Cappuccino.
Nach einem kleinen Mittagsimbiss machten sich Armin und Peter aus Termingründen wieder auf den Rückweg. Der Rest gönnte sich noch etwas Sightseeing in Nancy; Schloss und Park sind sehr sehenswert. Gestärkt mit einem Eis und weiterem Kaffee traten wir gegen 16:00 den Rückweg an. Als Startzeit für den Rückflug von Nancy nach hatten wir 17:00 avisiert und die Flugpläne entsprechend aufgegeben.
Da wir aufgrund möglicher Thermik auf dem Rückflug auf Flugfläche 55 fliegen wollten, verwies uns Strasbourg Information direkt an Lorraine Approach. Auch hier waren die Freigaben für die verbliebenen drei Transits kein Problem. Schon beim zweiten Flieger (D‑MKEF) fragte der Funklotse, ob sie die gleichen Absichten wie der erste Flieger (D‑MMZD) hätten. Auch Flieger Nr. 3 (D‑MMZF) wurde genauso „durchgewunken“. Noch deutlich von der deutschen Grenze entfernt wurden alle Flieger auf Langen Information verwiesen. Auf dem Rückweg flogen wir an der Kontrollzone Rammstein vorbei und hatten einen direkten Blick auf die Piste. Mit gutem Rückenwind – teils 30 – 40 km/h – landeten alle Maschinen eine Stunde später wieder sicher in Mainz.
Bei traumhaftem Wetter war der Ausflug nach Nancy ein großartiges Erlebnis! Frankreich wird uns nun sicherlich häufiger sehen. Djon wurde als mögliches nächstes Ziel bereits näher diskutiert.