Mit 100 ROTAX-Pferden nach Bulgarien 2019

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Für dieses Frühjahr hatten sich die Mainzer Piloten Andreas Kroemer und Armin Hanus wieder einmal die Schwarz­meer­küste, diesmal jedoch in Bulgarien, als Ziel ausge­sucht.

Unter dem Motto: Gut geplant ist halb geflogen, wurden alle wichtigen Kapitel der AIPs sowie die Strecken­karten studiert. Immerhin waren im Plan A vier Länder und im Plan B sechs Länder im Spiel.

Die Planung der ca. 3800 km langen Strecke (Hin-und Rückweg) wurde in mehrere Abschnitte aufge­teilt. Wegen der Ein- und Ausrei­se­be­stim­mungen in verschie­denen Nicht-Schengen Ländern waren wir auf inter­na­tionale Flughäfen angewiesen. Dort steht die Abfer­tigung von Klein­flug­zeuge eher nicht auf der Priori­tä­ten­liste. Deshalb war es besonders wichtig, die Verfüg­barkeit von geeig­netem Kraft­stoff an diesen Flughäfen im Vorfeld zu klären (mehrere Kanister von der nächsten Autotank­stelle durch die Sicher­heits­kon­trollen an einem inter­na­tio­nalen Flughafen zu schmuggeln – schon der Gedanke ist ziemlich schräg). Ausserdem galt es, die NOTAMS für die Routen sorgfältig zu studieren. Eine gründ­liche Recherche im Vorfeld half uns, unliebsame Überra­schungen auf der Strecke auszu­schließen. Trotzdem gab es dann doch ein paar unerwartete Ereig­nisse an zwei Flugplätzen, mit denen wir nicht gerechnet hatten – dazu kommen wir noch später.

Hier die Übersicht der geplanten Strecken­ab­schnitte:

EDFZ Mainz > EDMV Vilshofen > LOAN Wiener Neustadt > LDOS Osijek-Klisa > LBSF Sofia-Inter­na­tional > LBPR Primorsko > LBSF Sofia-Inter­na­tional > LDOS Osijek-Klisa > LOAN Wiener-Neustadt > EDMV Vilshofen > EDFZ Mainz

Da sich in den Langzeit­wet­ter­be­richten einige ausge­dehnte Tiefdruck­ge­biete in den Bereich unserer Flugstrecken ankün­digten, waren wir darauf vorbe­reitet, unsere Routen der aktuellen Wetter­ent­wicklung anzupassen. Um es vorweg zu nehmen: Von den ursprünglich 10 geplanten Abschnitten sind wir nur einen einzigen Abschnitt nach unserer ursprüng­lichen Planung geflogen. Der Rest der Strecke wurde von der jewei­ligen Wetterlage bestimmt.

Abschnitt 1: Mainz > Vilshofen > Schärding (ca. 430 km / 2:20h)

Der erste Teilab­schnitt sollte eigentlich von Mainz nach Vilshofen führen. Wir kamen aber etwas besser voran, als ursprünglich gedacht, so dass wir statt in Vilshofen bis nach Schärding (LOLS) in Öster­reich weiter­ge­flogen sind. Dort konnten wir das vom 912S bevor­zugte MOGAS tanken und nach einer kurzen Pause mit erneuter Wetter­erkundung waren wir wieder abflug­bereit.

Abschnitt 2: Schärding > Wiener-Neustadt > Heviz-Balaton (ca. 350 km / 2:05h)

Nachdem wir bis hier gut in unserer Zeitplanung lagen, haben wir die erste Änderung vorge­nommen. Statt Wiener-Neustadt (LOAN) sollte unser nächstes Ziel Heviz-Balaton (LHSM) werden. Dies erfor­derte die Aufgabe eines Flugplans mit erneutem Check der aktuellen NOTAMS. An dieser Stelle kamen unsere Flugpla­nungs­pro­gramme ins Spiel. Wir waren mit zwei „Obst-Tablets“, sowohl mit Jepp Flight Deck VFR als auch mit SkyDemon, ausge­stattet. Mit vorhan­dener Internet-Verbindung sind Umpla­nungen ein Kinder­spiel: Was Jeppesen nicht kennt, weiß SkyDemon (und manchmal auch umgekehrt). Bordseitig stand noch eine VOR-Anlage und ein GARMIN Aera zur Verfügung, so dass wir naviga­to­risch bestens gerüstet und mehrfach abgesi­chert waren. Ungarn – wir kommen.

Den Luftraum von Wien umflogen wir auf der südwest­lichen Seite und ließen Wiener-Neustadt dann links liegen. Über dem Wienerwald wurde es aller­dings sehr ruppig und die Wolken­decke kam den Bergen recht nah. Mit ein paar kleineren Kurskor­rek­turen waren wir in der Lage die Bergwelt zu durch­fliegen und am dem Grenz­überflug meldeten wir uns bei Budapest Infor­mation. Ab jetzt war der Flugfunk in engli­scher Sprache durch­zu­führen. Kein Problem auf unserer weiteren Route – alle FIS‑, Approach‑, Tower‑, Ground‑, Departure- und Radar-Mitar­beiter agierten profes­sionell und waren gut zu verstehen.

Im flachen ungari­schen Land war die Luft wieder ruhiger und es dauerte nicht mehr lange, bis unser Ziel in Sicht kam.

Heviz-Balaton ist zwar ein inter­na­tio­naler Flugplatz, hat aber sehr wenig Betrieb und ist somit leicht anzufliegen. Nach der Landung kam auch gleich der Tankwagen, wir erhielten Beton­klötze zum Verzurren des Fliegers und ein Taxi war schnell bestellt. Andreas kannte noch von einem früheren Aufenthalt ein Hotel (Parizsi Udvar) direkt neben dem imposanten Schloss von Keszthely.

Nach einem Spaziergang durch das fein heraus­ge­putzte Städtchen sowie einer „Teilum­rundung“ des Sees ging es zum Abend­essen in einem der zahlreichen Restau­rants.

Abschnitt 3: Heviz-Balaton > Osijek-Klisa (ca. 200 km / 1:05h)

Gut ausge­schlafen und nach einem kräftigen ungari­schen Frühstück berei­teten wir alles für die nächsten zwei Tages­etappen vor. Wegen der schwer durch­schau­baren Wetterlage holten wir eine ausführ­liche telefo­nische Wetter­be­ratung bei den Flugwet­ter­ex­perten für die nächsten Tage ein. Die Wetter­in­for­ma­tionen für die gesamte Strecke waren ausrei­chend bis gut und für den Rückweg schien es mehrere Alter­na­tiven zu geben. Das aller­dings mit den üblichen Vorbe­halten. Wer kann schon bei solch wechsel­haften Wetter­lagen über mehrere Tage sichere Prognosen abgeben? Nach Abwägung aller pro’s und con’s entschlossen wir uns zum Weiterflug bis nach Bulgarien mit der Option, unsere Planung konti­nu­ierlich der sich jeweils entwi­ckelnden Wetter­si­tuation anzupassen.

Die Aufgabe des nächsten Flugplans und das Einholen der neusten NOTAMs für die Strecke war – dank der modernen Technik ein Kinder­spiel — dem Flug in Richtung Dalmatien stand nichts mehr im Wege. Bei guten CAVOK-Bedin­gungen war der Flug über Kaposvar, Pecs und den Grenz­über­gangs­punkt BAREB keine Hexerei. Danach ein kurzes Stück auf der kroati­schen VFR Route PANON5 und von dort über B1, C1, D1 bis zum Anflug und der Landung auf der Runway 29 in Osijek-Klisa.

Mit Aproach und Tower lief alles perfekt. Mit der Betankung mussten wir aller­dings etwas warten, da das Opera­tions Personal mit der Abfer­tigung eines kleinen Turboprop-Verkehrs­fliegers beschäftigt war. Während Andreas sich um die Betankung kümmerte, holte ich das weitere Strecken­wetter ein. Die MET-Expertin vor Ort war extrem hilfs­bereit und spulte das volle Programm ab. Ergebnis: Alles gut auf der Strecke und erst am späten Nachmittag 35% Wahrschein­lichkeit von CBs in Sofia. Da sich das erst 2 Stunden nach unserer geplanten Landezeit entwi­ckeln sollte, war unser Flug sicher durch­führbar und wir gaben einen entspre­chenden Flugplan auf. Dies war relativ einfach, da wir für diesen Strecken­ab­schnitt unsere schon zu Hause detail­liert vorbe­reitete Flugrou­ten­planung nutzen konnten (LDOS-TADAM-RUMAK-SUBOT-OBR-PANOL-TPL-JAGOD-CICEV-RUTEV-LUZAN-BEPAL-PIROT-NISVA-ABKOX-BAPTI-DIPRU-ELGIL-GIMEG-LBSF).

Jetzt stand nur noch die Bezahlung der Lande- und Handling-Gebühren an. Hier gab es eine heftige Überra­schung: Der Handling-Agent erklärte mir, dass wir ausserhalb der Betriebs­zeiten gelandet wären und verlangte hierfür stolze 210€. Dieser Version habe ich heftigst wider­sprochen. Ich zeigte ihm das aktuelle NOTAM mit den Betriebs­zeiten Beginn: 9:45 UTC. Wir sind aber erst 10 Minuten nach dem Beginn des Betriebs um 9:55UTC gelandet. Nun behauptete er, das NOTAM wäre nur für ATC und nicht für Opera­tions von Bedeutung. Seine Arbeitszeit beginnt erst um 10:00 UTC, also 5 Minuten nach unserer Landezeit. Nun zeigte ich auf das kleine Verkehrs­flugzeug, welches gerade zum Abflug­punkt rollte und bemerkte, dass dieser Flieger planmässig vor uns abgefertigt wurde und sich das Handling Personal erst ab 10:15 UTC um uns gekümmert hat. Es könne also, so oder so, keine „besondere Handling-Gebühr“ für uns anfallen. Nach einigem „hin und her“ der Argumente lenkte er ein und berechnete den Normal­tarif von 16€, plus die Lande­gebühr von 9,20€. Sein Ratschlag: Wer in Osijek-Klisa landen will, sollte sich vorher bei Opera­tions telefo­nisch melden (Tel: +385(0)31–514-451). Diesen Rat gebe ich hiermit weiter — ob es hilft?

Abschnitt 4: Osijek-Klisa > Sofia-Inter­na­tional (ca. 520 km / 3:00h)

Die geplante Flugzeit von Osijek nach Sofia betrug 3:15h. Somit waren wir, was die Reich­weite unseres Fliegers betrifft, auf der sicheren Seite. Der Strecken­verlauf führte zuerst nach Serbien über den Grenz­über­gangs­punkt TADAM, von dort über OBR südlich an Belgrad vorbei. Alle militä­ri­schen Lufträume auf der Strecke waren entweder nicht aktiv oder uns wurde der Durchflug ohne Probleme genehmigt. Nächster Punkt war dann das VOR TPL Tapola und von dort nördlich am Flugplatz Nis vorbei weiter nach Südosten. Hier galt es bereits die Berge zu beachten welche sich links und rechts der Strecke auf bis zu 6600ft aufbauten. Nach ca. 15 Minuten erreichten wir den Grenz­über­gangs­punkt NISVA und wechselten von Nis Approach zu Sofia Approach. Von dort wurden wir entspre­chend unseres Flugplans nach ABKOX geschickt, gefolgt von der Frage: „Are you familiar with the VFR Route 425?“ Das konnten wir guten Gewissens mit „positive“ beant­worten und so gab es die Freigabe bis nach GIMEG in 500ft AGL. Kurz vor GIMEG erfolgte dann der Frequenz­wechsel zu Sofia Tower. Der schickte und „due to traffic“in ein ca, 10 minütiges „holding north of GIMEG“. So konnten wir beobachten wie sich die CBs vor dem schnee­be­deckten Witoscha-Hochge­birge südlich von Sofia aufbauten. Nach jeder Holding Runde erschienen uns die Wolken­berge mächtiger. Dann kam die erlösende Freigabe zum Einflug in den rechten Gegen­anflug 27 und die Freigabe zur Landung erfolgte schon im Queranflug. Die Landung auf der 3600m langen Piste war ein Kinder­spiel.

Danach abrollen über „C“ verbunden mit der Frage „are you familiar with the airport layout?“. Unsere Antwort kam wohl etwas zögerlich und somit bekamen wir über Funk präzise Rollan­wei­sungen bis zu unserem Parkplatz GA NE#38. Geschafft! Vor dem heran­na­henden Wetter sicher in Sofia-Inter­na­tional angekommen. Macht man ja als Dompteur von 100 Pferden nicht alle Tage. Auf der Ground Frequenz meldete sich niemand, dafür kam aber unser freund­licher Handling Agent Ruslan Dobraliev von SA Sofia Airport Service mit seinem roten Fiat Kombi heran­ge­braust.

Ruslan organi­sierte den Tankwagen und Gewichte zum Sichern des Fliegers sowie unseren Transport zum Terminal. Nach Vorzeigen der AOPA Card wurde es noch besser: Sonder­kon­di­tionen beim Handling (18€), Landung (8€) und Parken (4€/Tag). Im Gegensatz hierzu die recht hohen Sprit­preise (3€/ltr).

Der umsichtige Handling Agent gab uns noch seine Tel. Nr. für die Unter­stützung beim Handling am nächsten Tag — was sich noch als wichtig erweisen sollte.

Über eines der Booking-Portale war schnell ein passendes Hotel in der Innen­stadt gefunden und ein TAXI war auch sofort verfügbar. Wir waren noch keine 5 Minuten in Richtung Stadt unterwegs, als sich die CB-Schleusen öffneten und ein kräftiger Schauer über Sofia niederging. Als wir am Hotel ankamen war der Spuk auch schon wieder vorbei und unserer Stadt­er­kundung stand nichts im Wege.

Die Stadt Sofia

Sofia blickt auf eine mehr als 5000 Jahre alte wechsel­volle Geschichte zurück und ist einer der ältesten Siedlungs­plätze Europas. Wegen des knappen Zeitrahmens mussten wir uns auf wenige Highlights beschränken. Nachdem wir auf früheren Reisen schon in Santiago de Compostela und Lourdes die dort wichtigsten Kirchen besucht haben, war es für uns klar, dass wir hier die Alexander-Newski-Kathe­drale des bulga­ri­schen Patri­archen besuchen müssen. Die Kathe­drale ist eine aktive Kirche eines der Wahrzeichen der bulga­ri­schen Haupt­stadt. Sie wurde von dem russi­schen Archi­tekten Alexander Pomeranzew im neo-byzan­ti­ni­schen Stil entworfen und ist dem russi­schen Natio­nal­hei­ligen Alexander Newski geweiht. Wir hatten das Glück die Zeremonie des Gründon­nerstags-Gottes­dienstes zumindest teilweise mitzu­er­leben, da hier das Osterfest eine Woche später als bei uns gefeiert wird.

Ebenfalls eindrucksvoll ist das Parla­ments­ge­bäude, in dem die Natio­nal­ver­sammlung tagt. Es wurde zwischen 1884 und 1886 nach dem Entwurf des Archi­tekten Konstantin Jovanovic im Stil der Neo-Renais­sance gebaut und ist heute ein Kultur­denkmal.

Das nächste Ziel war der Witoscha-Boulevard mit unzäh­ligen Restau­rants, so dass uns die Auswahl schwer fiel. Wir hatten zwar eine Empfehlung mit einer schemen­haften Wegbe­schreibung, aber die kyril­li­schen Schriftzüge der Schilder machten uns das Leben schwer. Ich glaube, dass wir letztlich das richtige Restaurant (Schtast­li­vetsa) gefunden haben — jeden­falls gab es landes­ty­pische Gerichte in ausge­zeich­neter Qualität — eine klare Empfehlung. Weiterhin kann ich das Rosslyn-Tracia Hotel empfehlen. Für ca. 60€ (incl. Frühstück) ein schönes und ruhiges Zimmer inmitten der Stadt – was will man mehr?

Abschnitt 5 — Der Plan: Sofia-Inter­na­tional > Primorsko (ca. 390 km / 2:15h)

Sofia hatten wir also sicher erreicht. Nun galt es eine wichtige Entscheidung zu treffen: Den ursprüng­lichen Plan, also zum Schwarzen Meer zu fliegen (mit dem Risiko auf dem Rückweg vor dem prognos­ti­zierten Fronten­system mit einge­la­gerten Gewittern irgendwo im Balkan für unbestimmte Zeit hängen­zu­bleiben) oder einen geord­neten Rückzug über Belgrad und Wiener-Neustadt anzutreten. Auch ein Flug von Primorsko an der Schwarz­meer­küste entlang nach Konstanza/Rumänien wurde erwogen, aber die Wetter­aus­sichten von dort in Richtung Westen waren ebenfalls durch das nahende, sehr weit ausge­dehnte, Fronten­system wenig erfolg­ver­spre­chend. Schluss­endlich entschieden wir uns für eine Planän­derung und gaben einen entspre­chenden Flugplan nach Belgrad auf.

Abschnitt 5 – Der neue Plan: Sofia-Inter­na­tional > Belgrad Nikola Tesla (ca. 390 km / 2:15h)

Da wir schon nach der Landung getankt hatten, gab es außer der Bezahlung und Vorflug­kon­trolle am Flugplatz wenig zu tun. Mit Vorlauf von 1 Stunde zu unserem Flugplan kamen wir am Terminal an und riefen, wie verab­redet, unseren Handling Agenten an. Ruslan schickte uns eine Mitar­bei­terin, die uns durch das Terminal geleiten sollte. Bis hierhin — alles OK. Nun kam der vorge­la­gerte Sicher­heits- und Bordkar­ten­check. Die Dame wollte unsere Bordkarten sehen – alter­nativ eine offizielle ID-Card unserer Airline. Unsere Situation, dass wir als Privat­pi­loten mit einem privaten Fluggerät hier sind, kam in ihren Dienst­vor­schriften nicht vor. AOPA-Card, Fluglizenz, Flugplan, GA-Dekla­ration und die Beteue­rungen unserer Berglei­terin in serbi­scher Sprache halfen nicht. Also wurde der Sicher­heitschef und der Chef vom Handling gerufen. Nach einiger Zeit trafen die Herren mit ernsten Gesichtern ein und disku­tierten den Fall ausgiebig. Am Ende wurden wir als „sicher“ einge­stuft und der Handling Mitar­beiter geleitete uns zur GA Pilot Lounge. Er fluchte ausgiebig über das seltsame Verhalten des Sicher­heits­per­sonals, während wir einige Formulare unter­schreiben durften und unsere Rechnung beglichen. Dank der unerwar­teten Verzö­gerung mussten wir auch noch unseren Flugplan ändern. Am Computer unseres Handling Agents gaben wir noch die obliga­to­ri­schen Grenz­kon­troll-Voranmeldung für Wiener Neustadt auf. Dann ging es endlich zum Flieger. Nach sorgfäl­tiger Inspektion des Fluge­rätes stand dem Start von unserer Seite nichts mehr im Wege. Zwischen Anlassen und TAXI-Freigabe vergingen nochmals 10 Minuten, dann rollten wir zwischen den Verkehrs­fliegern über C und H zum Inter­section-Rollhal­teort D. Dies ersparte uns fast 2 km Rollweg. Line-Up und Start­freigabe erfolgten zügig und schon wir waren auf dem Weg nach Serbien.

Frei nach Karl May sind wir „über die Schluchten des Balkan“ geflogen. Die Sicht war nicht gerade wie im Bilderbuch, aber man kann erahnen, was Kara Ben Nemsi dort so alles erlebt haben soll.

Wir befanden und jedoch unter der Obhut von Sofia Approach und waren somit sicher vor den Schergen des Schut . Dessen Nachkommen sind der Sage nach immer noch vom Geist des Mübarek verzaubert und die Teufels­schlucht soll ihnen als letzter Rückzugsort dienen. Soweit die phantas­ti­schen Geschichten und deren freie Fortsetzung.

Nach dem Grenz­übergang wechselten wir zu Nis Approach und unsere weitere Route sollte in 4000ft in einigem Abstand nördlich an Nis vorbei führen, wäre da nicht der übervor­sichtige Approach Mitar­beiter von Nis im Dienst gewesen. Dieser leitete uns um 90 Grad vom Kurs in einen Holding Bereich über NIBAN in der Nähe seines Flugplatzes — ohne einen für uns ersicht­lichen Grund. Nun passierte folgendes: Der gute Mann gab einem Airbus an seinem Flugplatz die Anlass­freigabe, später die TAXI-Anwei­sungen und danach die Start­freigabe. Erst eine Weile nach dem Start dieses einzigen Fliegers weit und breit holte er uns aus dem Holding und gab uns für die nächsten Abschnitte unserer geplanten Strecke frei.

Was lernten wir: Der Mann hatte gleich­zeitig mehrere Funktionen: Ground, Tower und Approach. Durch diese Mehrfach­be­lastung war wohl unser kleiner Flieger neben dem Airbus einer zu viel im Luftraum. Mit genügend Sprit im Tank war das alles kein Problem, wenn da nicht der ärger­liche und unnötige Zeitverlust gewesen wäre. Nach dieser Episode ging es zurück auf unseren geplanten Kurs und über CICEV und JAGOD erreichten wir das NDB OBR in der Nähe des Kraft­werks an der Donau und wurden von Belgrad Approach an den Tower übergeben.

Nach dem Einflug in die Kontrollzone wurden wir über SIERRA in den rechten Gegen­anflug 12 geschickt und kurz danach in eine ausrei­chend große Lücke zwischen die Airliner zur Landung auf der 12 einge­fädelt. Nach dem Abrollen erschien auch gleich ein Follow-Me-Fahrzeug und wir wurden am Haupt­ter­minal vorbei zu einem freien Platz geleitet. Auch hier bewährte sich unsere Arbeits­teilung; einer von uns kümmerte sich um den Sprit, der andere um die Adminis­tration mit dem Handling Agenten.

Die Kosten in Belgrad waren sehr GA-freundlich: 100LL 1,21€/ltr, Landing Fee 3,00€, Infra­structure Fee 8,00€, Handling Fee 19,00€. Landezeit 13:39loc, Startzeit 14:36loc.
Vielen Dank für die freund­liche, korrekte und zügige Abwicklung durch alle Betei­ligte. APPROACH, TOWER, GROUND, FOLLOW-ME, Tankwart und Handling Agent — alles perfekt.

Abschnitt 6: Belgrad Nikola Tesla > Wiener Neustadt (ca. 500 km / 2:30h)

Nach dem Start auf der 12 ging es über SIERRA und OBR auf Kurs in Richtung Ungarn. Die Grenze passierten wir bei BABIT und von dort ging es weiter zum Balaton.

Wie angekündigt wurde das Wetter nach und nach weniger freundlich. Insgesamt war der Flug durch Ungarn mit Kurs 300° und ca. 250 km Strecken­länge eine kleine Gedulds­probe, da der Wind zunahm und die Landschaft, ausser dem Balaton, keine besondere Abwechslung bot. Die Grenze zu Öster­reich passierten wir schliesslich bei STEIN. Von hier sind es noch ca. 50km bis nach Wiener Neustadt und es galt sich mit dem etwas umständ­lichen Anflug aus Richtung Süden kommend über die Platz­runde A auf die Piste 09 vorzu­be­reiten. Obwohl jeder von uns schon mehrfach in Wiener Neustadt war, ist es trotzdem sinnvoll, sich recht­zeitig das jeweilige Verfahren genau anzusehen, um Probleme zu vermeiden. Diesmal war die Landung wegen des böigen und verwir­belten Seiten­winds eine besondere Heraus­for­derung. Nach der Landung war auch schon die freund­liche Grenz­po­lizei zur Stelle um einen kurzen Blick in unsere Ausweise zu werfen und sich nach dem Zweck unserer Reise zu erkun­digen. Wir wurden als unver­dächtig einge­stuft und durften den Flieger in Richtung Tankstelle weiter bewegen.

Eigentlich war für diese Nacht ein Strand­hotel an der bulga­ri­schen Schwarz­meer­küste vorge­sehen, aber der Wettergott wollte es anders. So wurde die Pension Steinfeld, direkt am Flugplatz von Wiener-Neustadt gelegen, unser heutiges Quartier. Empfehlung: Das „Hollers Steak­house“, direkt neben der Pension gelegen, bietet eine abwechs­lungs­reiche Karte, inclusive exoti­scher Gerichte. Den „Bunten Insek­ten­salat“ mit frittierten Heuschrecken, Grillen und Mehlwürmern an bunten Blatt­sa­laten haben aller­dings nicht probiert.

Abschnitt 7: Wiener Neustadt > Schärding (ca. 230 km / 1:55h)

Schon vor dem Frühstück wurde das Wetter erkundet. Wo ist die Front und kommen wir weiter in Richtung Westen? Wie weit können wir fliegen? Gibt es Alter­na­tiven – falls ja, welche? Die Lage war nicht eindeutig, so dass wir beschlossen, erst einmal in Ruhe unser Frühstück zu geniessen und danach den Weiterflug vorsichtig anzugehen. Da auf der Strecke in Richtung Mainz etliche Flugplätze vorhanden sind, starteten wir ohne ein festge­legtes Ziel. Der Plan war einfach: So lange das Wetter fliegbar und genügend Treib­stoff an Bord ist, bleiben wir in der Luft und versuchen, von Flugplatz zu Flugplatz, so weit wie möglich in Richtung Heimat zu kommen. Das funktio­nierte dann auch in der Praxis recht gut – südlich an Linz vorbei bis kurz vor die deutsche Grenze am Inn. Hier wurde die Lage schwierig, so dass wir uns zur Landung in Schärding entschlossen.

Nach dem Mittag­essen im empfeh­lens­werten Flugplatz­lokal erkun­deten wir zusammen mit der sehr profes­sio­nellen Fluglei­terin die Wetterlage in Richtung Mainz. Wegen des fragwür­digen Wetters auf der weiteren Stecke erschien uns ein Weiterflug am gleichen Tag nicht mehr sinnvoll. Was nun folgte war ein perfektes Beispiel für die Hilfs­be­reit­schaft unter Fliegerkameraden/innen. Die freund­liche Fluglei­terin gab uns Hotel­emp­feh­lungen, erledigte die Reser­vierung und organi­sierte auch noch die Fahrt mit ihrem Privat­wagen zum Hotel Bieder­meier Hof. Toller Service und Herzlichen Dank!

Nun blieb uns der Rest des Nachmittags und der Abend um das kleine, aber feine Städtchen zu erkunden. Ein Highlight ist die, schön gestaltete Orangerie, direkt an der alten Stadt­mauer gelegene Orangerie. In dem schön gestal­teten Gebäude befindet sich eine gepflegte Gastro­nomie. Kaum hatten wir uns es dort gemütlich gemacht, öffnete der Himmel seine Schleusen.

Zum Glück war der Regen diesmal nicht so heftig wie im Jahr 1954 als das Wasser bei einigen Häusern bis zum Dach stand.

Nach dem kräftigen Schauer und der damit verbun­denen Abkühlung konnten wir unseren Erkun­dungsgang bei angenehmen Tempe­ra­turen fortsetzen. Es gab doch noch einiges zu sehen in dem kleinen Städtchen. Besonders schön ist die Silber­zeile des Oberen Stadt­platzes, so benannt wegen der reichen Kaufleute, die einst hier ihren Sitz hatten. Die bunten Fassaden mit pastell­far­benen Farbtönen gehen auf die mittel­al­ter­lichen Zunft­farben zurück, wie z.B. Bäcker blau, Metzger rot, Gastwirte gelb oder grün. Also hielten wir besondere Ausschau nach den Farben gelb und grün, denn die Zeit zum Abend­essen rückte näher.

Abschnitt 8: Schärding > Mainz (ca. 430 km / 2:30h)

Über Nacht hatte sich die Wetterlage soweit verbessert, dass wir die letzte Etappe unserer Reise angehen konnten. Ein zu früher Start war nicht sinnvoll, aber anderer­seits galt es den Wettlauf gegen das von Westen heran­na­hende ausge­dehnte Tiefdruck­system zu gewinnen. Deshalb war es wichtig, das richtige Zeitfenster zu treffen. Wir genossen noch das Frühstücks­buffet im Bieder­meier Hof und dann ging es mit dem Taxi zum Flugplatz. Dort noch ein Blick in die Wetter­karten, den Flieger beladen und überprüfen und wir konnten in Richtung Mainz starten. Nach dem Überquerung des Inn waren wir schon in Deutschland. Unsere Route hatten wir so geplant, dass wir immer einen geeig­neten Flugplatz in der Nähe hatten — bei solchen Wetter­lagen eine empfeh­lens­werte Strategie. Auf den folgendem Bild lässt sich gut erkennen wie labil die Wetter­si­tuation auf der Strecke war.

Über dem Odenwald entluden sich bereits die ersten Schauer, kein Problem, mit ein paar Kursän­de­rungen waren diese gut zu umfliegen.

Kurz vor dem Einflug in die Mainzer Platz­runde wurde unser Flieger noch von einem kleinen Schauer gewaschen.

Nach 2:30 Stunden sind wir in Mainz sicher gelandet. Bei Tempe­ra­turen im einstel­ligen Bereich waren Pullover und Jacken angesagt.

Glücklich angekommen an unserer „Homebase“ EDFZ. Kurz nach unserer Landung kam dann der „grosse Regen“, der über einen längeren Zeitraum andauerte.

Abschnitt 9: EDFZ Hangar 3 – Flugplatz­re­staurant Tower One (ca. 0,1km / 0:01h)

Hier konnten wir bei einem Kaffee folgende Bilanz für die gesamte Reise aufstellen: 5 Tage, 6 Länder, 8 Teilstrecken, etwas mehr als 3000 km Gesamt­flug­strecke, 17:40 Stunden (Blockzeit), 334 Liter Sprit (=18,9 ltr/h), Sprit­kosten 640 € (Schnitt 1,92 €/ltr), 191 € Lande- und Handling­ge­bühren).

Hier noch das Bild der aktuell geflo­genen Route EDFZ – LOLS – LHSM – LDOS – LBSF – LYBE – LOAN – LOLS – EDFZ

Fazit: Mit 100 PS Rotax-Pferden nach Bulgarien zu fliegen ist, bei etwas Flexi­bi­lität, gut machbar und auf jeden Fall ein beson­deres Erlebnis.

Text: Armin Hanus Bilder: Andreas Kroemer / Armin Hanus

 

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