Mit 100 ROTAX-Pferden nach Schweden

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In 2023 sollte es eigentlich bis zum Nordkap gehen. Aller­dings hat sich in diesem Sommer bisher noch keine Wetterlage einge­stellt, welche einen sicheren Hin- und Rückflug unter VFR Bedin­gungen erlaubte.

Also musste ein Plan B her! Die Idee war zumindest Südnor­wegen oder Schweden zu besuchen. Dazu sollte es zuerst in den Norden Dänemarks, nach Aalborg, gehen um von dort je nach aktueller Wetterlage, weiter in Richtung Norden zu fliegen oder aber nach Osten.

Die Planungen für die Hin- und Rückflug­strecken waren mit Hilfe von SkyDemon recht schnell erledigt. Da die Piloten mit Teilen der Strecken bereits aus früheren Flügen vertraut waren, waren lediglich die Strecken von Aalborg nach Chris­ti­anssand bzw. nach Göteborg „Neuland“.

Insbe­sondere galt es, die Einflug­ge­neh­migung nach Dänemark recht­zeitig beim DULFU zu beantragen (…ja, ja, unser Fluggerät bringt MTOM weniger als 600 kg auf die Waage und wird weiter vom DULFU und nicht von der Dänischen CAA bedient, was Einflug­ge­neh­mi­gungen angeht) und die entspre­chenden Daten für die jeweils notwen­digen Flugpläne aufzu­be­reiten.

Unsere erste Teilstrecke führte uns von Mainz über Bielefeld (gibt es wohl doch) nach Heide-Büsum in Schleswig-Holstein.

 

Dieser Platz und insbe­sondere die üppigen, schmack­haften Krabben­brote der Flugplatz-Gastro­nomie waren uns von früheren Flügen noch in bester Erinnerung.…und in der Garage rechts neben dem Turm gibt es für den Flieger bestes MOGAS… .

Die Flugplanung per SkyDemon, inclusive Zugriff auf die AIPs und aktuellen NOTAMS gingen rasch von der Hand. Digita­li­sierung ist hier ein sehr willkom­mener Fortschritt und die Vorbe­reitung nicht nur ein Formsache, die erfüllt werden will, sondern die Grundlage für einen entspannten Flug ohne unwill­kommene Überra­schungen, die hätten vermieden werden können. Auch die Aufgabe des Flugplans ist heutzutage ein Kinder­spiel, wiederum SkyDemon oder das DFS AIS Portal bieten hierfür nutzer­freund­liche Dialoge an. Und schon konnten wir in Richtung Aalborg starten.

Geplant – getan. Nach ca 2 Stunden über Jütland konnten wir uns beim Tower von Aalborg zur Landung melden und wurden unkom­pli­ziert in den Queranflug geschickt.

Hier waren wir schon im Queranflug. Vor uns ein Airliner, der soeben gelandet war und der nächste befand sich schon im langen Endanflug. Dazwi­schen war noch eine Lücke für uns.

Diese galt es zügig zu nutzen um die „grossen“ Kollegen nicht zu irritieren.

Am Ende des sehr üppig bemes­senen Taxiway galt: Die „Grossen“ rollen nach links zum Haupt­ter­minal und die „Kleinen“ nach rechts zum GA Parking. Das grosse Fass (rechts im Hinter­grund) ist die Automatik-Tankstelle mit Kredit­karten-Terminal. Nach mehreren Versuchen gab die Instal­lation die gewünschten 30 Liter AVGAS frei.

Nun war auch das geschafft und der Flieger konnte geparkt und sicher verzurrt werden. Danach fuhren wir per Taxi zum kurzfristig gebuchten Hotel „Pier5“ am Stadt­hafen.

Von dort erkun­deten wir den Hafen und die Innen­stadt mit dem histo­ri­schen Markt­platz, wo sich ein recht anspre­chendes Restaurant fand. Das Abend­essen war hiermit gesichert.

Nach einem typisch dänischen Essen machten wir noch einen Verdau­ungs­spa­ziergang und entdeckten das histo­rische Stadt­kloster aus dem Jahr 1431.

Der nächste Tag überraschte uns mit Nebel. Dieser sollte sich noch eine Weile halten, so dass keine Eile angesagt war. So verbrachten wir einige Zeit in der Piloten­lounge und kamen ins Gespräch mit einer KingAir Crew, welche zu einer Foto-Vermes­sungs­mission starten wollte. Auch dieses Team brauchte gute Sichten und so warteten wir gemeinsam auf den Durch­bruch der Sonne. Den Plan, bei den aktuellen Wetter­be­din­gungen über der Nordsee, nach Norwegen zu fliegen gaben wir auf und nach einer Stunde war es dann soweit. Wir konnten nun mit aktua­li­siertem Flugplan in Richtung Skagen und weiter nach Göteborg starten.

Ein kleiner Umweg an der Westküste entlang um zur Nordspitze von Dänemark musste jedoch noch sein und die Wolken über der Nordsee waren zu diesem Zeitpunkt immer noch sehr tief (ca. 500 – 1000ft), aber über Land war alles bestens.

In Skagen treffen Nord- und Ostsee aufein­ander und liefern, je nach Tageszeit und Licht­ver­hält­nissen, spekta­kuläre Bilder. Auch für Landratten ein begehrtes Ausflugsziel.

Nun ging es an der östlichen Küste entlang wieder nach Süden in Richtung Fredriks­hafen und von dort weiter über das Meer in Richtung der Insel Laesö. Das gibt dem nicht ganz so geübten See-Flieger das Gefühl, im Fall der Fälle dann doch zumindest in der Nähe von Landmassen zu sein – was immer das auch im Ergebnis bedeuten mag… .

Laesö (im Bildhin­ter­grund rechts schwach zu erkennen) passierten wir nördlich und nahmen Kurs auf die schwe­dische Küste welche wir südlich von Göteborg erreichten.

Mittler­weile waren wir im kontrol­lierten schwe­di­schen Luftraum angelangt und mussten uns auf die etwas komplexere Luftraum­struktur rund um Göteborg konzen­trieren. Das Anflug­ver­fahren von Saeve hatten wir vor dem Abflug studiert, so dass wir einen guten Eindruck bei Göteborg Approach und beim Tower von Saeve hinter­ließen (so hofften wir).

Saeve ist der ehemalige Verkehrs­flug­hafen von Göteborg. Der Platz ist teilweise zurück­gebaut und wird heute haupt­sächlich von der GA genutzt. Saeve hat grund­sätzlich PPR. Der Antrag wird sehr schnell bearbeitet und ist kostenfrei. Am Platz selbst ist kein Personal zu sehen. Der Tower ist aktiv, alles andere ist „Self service“. Die Gebüh­ren­rechnung kommt per email.

Der Anflug über die Stadt ist absolut sehenswert. Da der Luftraum C in 1500ft beginnt muss man auch sehr tief fliegen. Für Fotos eine erstklassige Position.

Zur Landung in Saeve geht es dann nochmals ein Stockwerk tiefer. Bitte dabei das auffällige Hochhaus (im Bild rechts) beachten.

Nach der Landung brauchten wir erst einmal eine kleine Stärkung. Direkt am automa­ti­sierten Aus- und Zugang (bitte den Code nicht vergessen!) gibt es ein Konfe­renz­hotel mit Restaurant.

Von dort organi­sierten wir Taxi und Hotel am Eriks­berger Hafen. Eine ehemalige Ansammlung von Werften und Indus­trie­be­trieben wird seit Jahren in Wohn‑, Büro- und Freizeit­ob­jekte umgebaut.

Unser Hotel (Quality Hotel 11 & Eriks­bergs­hallen) war ein Glücks­griff. Moderne Archi­tektur in der Hülle einer alten Schiffs­werft. Klare Empfehlung und ein paar extra Bilder wert.

Nachdem wir unsere Zimmer belegt hatten ging es auf Erkun­dungstour. Da sich ein Fähran­leger direkt vor dem Hotel befindet, ging es natürlich per „Stadtbus“ aka Fährboot zum Stadt­zentrum.

Das Hochhaus hatten wir schon aus der Luft bewundert, nun aus einer anderen Perspektive. Das alte Hafen­becken ist nun der Mittel­punkt eines modernen Stadt­viertels.

Ein weiteres Beispiel für den Wandel und die Moder­ni­sierung des Hafens ist hier zu sehen. Leider konnten wir die Funktion des rot-weißen Gebäudes (im Volksmund „Lipstick“) nicht ergründen: Kostme­tik­ar­tikel? Schiff? Haus? Etwas von allem?

Ein Besuch der gepflegten Stadt ist sehr zu empfehlen. Abseits der touris­ti­schen Highlights gibt es ruhige, autofreie Straßen welche zu entspannten Spazier­gängen einladen und an diesem sonnigen Junitag glaubte man den Schweden die außer­or­dentlich Freude über die Sonne nach einem dunklen Winter ansehen zu können.

Ein Besuch der gepflegten Markt­halle ist ebenso zu empfehlen. Das Angebot ist verlo­ckend und wir verkös­tigten uns selbst­redend mit Cappuccino und dem passenden Gebäck.

Wie so oft, der verblei­bende Tag verging schneller als gedacht und es war Zeit sich ein schönes Lokal in der Nähe unseres Hotels in Eriksberg zu suchen. Der imposante Kran am Boots­hafen wies uns den Weg und ein passendes Restaurant war bald gefunden (die Preise für alkoho­lische Getränke sorgen dafür, dass man jederzeit den unver­ne­belten Überblick behält).

Am nächsten Tag war wieder Flugtag. Unser Ziel, ein Platz in Norddeutschland mit Restaurant. Die Wahl fiel auf Rendsburg am Nord-Ostsee-Kanal (seinerzeit Schau­platz des legen­dären Rennens zwischen Werner und Holgi). Die Flugstrecke entlang der schwe­di­schen Küste ist mit einigen Lufträumen garniert, aber wir bekamen relativ unkom­pli­ziert die notwen­digen Freigaben. Trotzdem sollte man sich mit den Verfahren und eventuell notwen­digen Alter­na­tiv­strecken im Vorfeld vertraut machen. Durch nicht vorher­ge­sagte Wolken kann das in dieser Region von Bedeutung sein.

Genauso erging es uns ab Helsingborg, die von uns geplante Route mussten wir wegen Wolken etwas nördlicher verlegen. Kopen­hagen musste auf das Wiehern unserer ROTAX-Pferde verzich­ten­Si­cherheit geht vor. Ansonsten verlief der Flug nach Rendsburg unspek­ta­kulär.

Nach der Landung wurde erst einmal das Restaurant aufge­sucht. Danach wurde der Flieger betankt. Man(n) muss schließlich Priori­täten setzen.

Der Rückflug nach Mainz war schon fast Routine. Auch auf diesem Abschnitt mussten wir die Route wegen der Wolken­si­tuation etwas westlicher abfliegen als ursprünglich geplant.

Nach insgesamt 2120 km Flugstrecke hatten wir unseren Heimat­flug­platz Mainz wieder sicher erreicht und konnten das wohlver­diente Lande­ge­tränk genießen.

Für Norwegen hatte es diesmal zwar nicht gereicht, dafür hatten wir mit Göteborg eine sehr gute Alter­native gewählt.

Text: Armin Hanus Bilder: Armin Hanus, Bernhard Hehn

 

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