9 Leute – 9 Stunden – 9 Grad kühler: Ostsee­küste in 2018

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Ziel des UL-Ausflugs im Juli 2018: die Ostsee­küste.

 

Nachdem die beiden ersten UL-Ausflüge des Jahres 2018 wetter­be­dingt jeweils etwa in die Gegen­richtung der ursprünglich geplanten Ziele führten, lief die 3‑Tages-Tour an die Ostsee wie am (Planungs)schnürchen – und besser. „Anstalts­leiter“ Falk und UL-Fachgruppen-Chefin Natalie hatten 9 Leute motiviert, die Ostsee­küste zwischen dem 27. und 29. Juli vom zentralen Anlauf­punkt Stralsund aus zu erkunden. Besonders erfreulich: Neben drei UL kam auch eine Piper, also eine viersitzige E‑Maschine mit. Wer sagt denn, dass das nicht passt …

Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Drei Tage pralle Laune und alle haben aufgrund der teilweise zweimal am Tag immer wieder neu gemischten Besat­zungen was gelernt. Aber der Reihe nach:

 

Vorbe­reitung

Stamm­tisch am 20.07.: Neben vielen anderen Themen der UL-Fachgruppe die günstige Langfrist-Wetter­pro­gnose für den Norden. Beschluss: Wir treffen uns am Vortag zur Planung in unserer Flugplatz­kneipe.

Planungs­runde am 26.07: Es ist warm. Es soll sehr warm werden und bei sehr guten Sichten nieder­schlagsfrei bleiben. Lediglich für den Samstag­abend drohen im Norden einzelne Schauer und Gewitter. Geniale Bedin­gungen also. Drei UL und eine Piper werden betankt, um am nächsten Tag ohne Verzö­gerung starten zu können. Die Piper hat aber ein Problem: Ersatz für ein defektes Auspuffteil ist nicht recht­zeitig einge­troffen – der wird erst am Freitag gegen Mittag kommen.

Erwar­tungs­frohes Planen am Vorabend – analog und elektro­nisch, mit und ohne Alkohol.

 

Zur Planung des Zwischen­stopps bei Hinflug und Rückflug: Es gibt erstaunlich viele Flugplätze in Deutschland – und entspre­chende Möglich­keiten zu disku­tieren. Dass die Piper famili­en­be­dingt beim Hin- und Rückflug einen Abstecher nach Barth machen muss und nicht jeder jede Maschine fliegen darf, machts nicht einfacher. Nach gefühlten 70 Neupla­nungen zur Verteilung der Besat­zungen auf die verschie­denen Flugzeuge, etlichen Curry­würsten, mehr oder weniger alkohol­hal­tigen Weizen­bieren und Schorlen „rüttelt es sich“ aber.

Freitag, 27.07.

Gegen 8.00 Uhr laufen Anja, Falk, Hermann, Julia, Lilli, Meinolf, Natalie, Peter und Thilo am Flugplatz ein. Gründ­liche Checks, Beladen, Zurrzeug dabei?. Los geht’s für die ULs gegen 9.00 Uhr mit Zwischenziel Hildesheim. Die Piper folgt nach erfolg­reicher Reparatur gegen 12.00 Uhr.

Kurz vor 9.00 Uhr loc. sind die ULs start­bereit.

 

Gut eineinhalb Stunden bis Hildesheim bei toller Sicht: Sprit nachfüllen, Kaffee auf der schönen Terrasse und ungefähr 70 Stufen auf den Turm, um die Lande­ge­bühren zu entrichten, 32 Grad Celsius.

Gegen Mittag hat sich auch die Piper mit Anja, Julia und Thilo aus Mainz verab­schiedet, hier beim Tankstopp in Hildesheim. Thilo versucht ein Häufchen Sprit auf den Stutzen zu basteln – sischer ist sischer.

Auf nach Stralsund. Zunächst bis auf Flugfläche 98 über der Bilderbuch-Wolken­decke. Aber es langt nicht, die Tops reichen etwa ab Witten­berge deutlich höher. Mangels Freigabe zum Höher­steigen also Abtauchen unter die Wolken­basis, gut 5000 Fuß tiefer und weiter Kurs gen Stralsund, dass gegen 13.45 Uhr erreicht wird. Toller Blick auf die Ostsee und die Insel Rügen. Wir beschließen erst mal eine Runde um die auch von oben schöne Stadt zu fliegen. Die eindrucks­volle „neue“ Rügen­brücke, die prägnante Altstadt und der Blick auf die See und den Bodden machen Appetit auf mehr.

Attraktive Wolken­for­ma­tionen und kristall­klare Sicht zwischen Hildesheim und Stralsund auf Flugfläche 98 – aber die Tops steigen noch höher. Also abtauchen unter die Basis bei ungefähr 4500 Fuß.

Die attraktive Altstadt von Stralsund, unten die Rampe zur neuen Rügen­brücke, am oberen Bildrand der Flugplatz.

Nach einem Viertel­stündchen Sight­seeing ab Richtung Grasplatz von Stralsund direkt an der Stadt­grenze. Auf den wieder­holten Einlei­tungsruf meldet sich niemand. Ein Blick bestätigt aber, dass die Landebahn nicht einge­rollt worden ist. Und da die Lande­richtung aufgrund des nördlichen Winds klar ist, geht es mit Blind­mel­dungen auf die 05. Das erste Viertel scheint gesperrt zu sein, wegen Wildschwein­schäden, wie wir später erfahren. Aber der Rest der Bahn ist mehr als ausrei­chend. Und kurz vorm Aufsetzen meldet sich auch jemand im Funk. Der freund­liche ältere Herr heißt uns willkommen und lotst uns direkt zum Spritfass. Mit wenigen Minuten Abstand fallen die beiden anderen ULs ein und nehmen den gleichen Weg. Maschinen verzurren und ausladen, sechs Mainzer machen sich mit Rucksäcken auf den Weg zur kleinen Flugplatz­kneipe.

26 Grad – rund 9 Grad weniger als in Mainz –, schwacher Wind, das kann man aushalten. Trotzdem verdunsten die ersten Getränke gleich auf dem Knorpel. Ein Großraumtaxi ist schnell ausfindig gemacht, es soll uns auch die beiden nächsten Tage gute und zuver­lässige Dienste leisten. Das von Falk (und seiner Frau) organi­sierte Hotel liegt nur vom Radweg getrennt am Wasser und wenige Schritte vom Hafen entfernt. Sehr nett. Einchecken, 45 Minuten später, gegen 19.30 Uhr, wollen wir uns gemeinsam aufmachen, um die Stadt zu erkunden. Durch den Hafen (lecker Fisch­brötchen) und einige sehr schöne Straßenzüge inklusive Markt­platz und Dom der schick restau­rierten Hanse­stadt (lecker Eis) fallen wir schließlich in einer Kneipe ein, die einen ausrei­chend langen Tisch und eine allen Geschmä­ckern entge­gen­kom­mende Karte bietet. Getränke, Essen und schließlich auch die Piper­be­satzung kommen zügig bei, und so steht einem lustigen Abend nichts entgegen.

Anstalts­leiter Falk gibt im Stech­schritt die Richtung vor – zur Fischbude im Stral­sunder Hafen.

Beschluss der späten Abstim­mungs­runde: Wir treffen uns am nächsten Morgen zum Frühstück in einem Café in der Stadt, fahren anschließend mit besagtem Großraumtaxi gemeinsam zum Flugplatz und schauen uns als Natur­phä­nomen den Blutmond über der Bucht an. Viel und lautes Lachen am Tisch mündet in einen sachten Tages­aus­klang mit Eis.

2. Tag

Kurzer und entspannter Fußmarsch durch die auch bei Tages­licht außer­or­dentlich schöne Altstadt zum Frühstück. Etwas zu lange Wartezeit auf Kaffee und Rührei – aber immerhin draußen sitzend. Trotzdem satt geworden für kleines Geld und es bleibt noch reichlich Zeit für indivi­duelle Bedürf­nisse wie Geldau­tomat melken, ein paar Flaschen Wasser und Sonnen­creme oder Reini­gungs­flüs­sigkeit für die Kontakt­linsen kaufen.

Ein Teil der Mainzer Mann- und Frauschaft auf dem Weg zum Frühstück vor dem Stral­sunder Rathaus. Das kann auch für die aktuelle Politik­trends stehen: Tolle Fassade, nix dahinter. Wie die Mädels berichten, haben sie sich aller­dings im letzten Jahr, beim Deutsch­landflug, sehr nett betreut und wohl gefühlt.

Die wenigen hundert Meter zurück zum Hotel, das Taxi rollert eben vor. Also aufsitzen und ab Richtung Flugplatz. Wer mit wem? Es „rüttelt“ sich wieder auf sehr angenehme und unkom­pli­zierte Art. Der Plan: Bei krachend blauem Himmel und sehr guter Sicht will die Meute nach Norden, um Rügen einschließlich der vorge­la­gerten (Halb-)inseln wie Hiddensee zu besich­tigen – natürlich werden die Mindest­höhen über den Vogel­schutz­ge­bieten beachtet, auf die uns die Stral­sunder Flieger­kol­legen nochmals eindringlich hinge­wiesen haben. Und dann soll es nach Peene­münde gehen.

Vor dem Start in den zweiten Tag: Maschinen entzurren und checken …

… und dann die Route planen. Der Spaß steht im Vorder­grund.

Fantas­tische Aussichten auf die Küsten­linien und den Bodden mit changie­renden Grün- und Blautönen, die weiten, nur teilweise dicht belagerten Strände und die unver­mutet großen Wälder beindrucken. Und als Highlight haben sich die berühmten, extra für den Mainzer Besuch von der Sonne angestrahlten Kreide­felsen ein Wolken­häubchen aufge­setzt. Besser kann es nicht laufen.

Kreide­felsen unter Sahne­haube – so etwas ist exklusiv nur vom Logen­platz Flugzeug aus zu bestaunen.

Weiter entlang der Küsten­linie Richtung Peene­münde. Der geschichts­trächtige Weltkriegs­flug­platz wird heute über die 13 angeflogen, die Schwelle liegt also quasi am Strand. Auf der Landebahn mit rund 2400 Meter Länge und auch auf einigen Rollwegen könnten zumindest die ULs wohl auch quer landen. Aber man will nicht unhöflich sein: Je nach Talent der Piloten trudeln die drei ULs und die Piper mit mehr oder weniger „Fahrstrecke“ auf dem Vorfeld ein.

Hier können ULs im Zweifel sogar quer auf dem Rollweg starten. 2400 Meter lang ist die Bahn, die alte Querbahn mit ehemals schät­zungs­weise knapp 2000 Meter ist noch zu erahnen.

Die Mädels müssen erst mal Pullern, in der Zwischenzeit wird entschieden: Es geht weder an den Strand noch ins Museum, sondern direkt nach Wismar. Entspannt machen sich die teilweise wieder neu zusam­men­ge­wür­felten Besat­zungen auf den Weg. Statt „straight-ahead“ wählen alle optisch attraktive Strecken, beispiels­weise entlang des Rostocker Hafens Warne­münde, in dem mehrere beein­dru­ckende Kreuz­fahr­schiffe und Fähren liegen. Die Alkohol­lager namens Aldi und Lidl zur Versorgung norwe­gi­scher und schwe­di­scher Fährnutzer sind von oben aller­dings nicht so einfach auszu­machen.

Der Rostocker Hafen aus rund 250 Metern Höhe – eine beein­dru­ckende Kulisse.

Für die Landung in Wismar haben wir schon in Stralsund geübt: Auf mehrfachen Einlei­tungs­anruf meldet sich niemand: Also Wind checken und mit Blind­mel­dungen auf den Grasplatz einfallen. Und siehe da, im Endanflug meldet sich jemand und alles läuft unkom­pli­ziert. Mit 3,10 Euro Lande­gebühr kommen wir deutlich billiger davon als auf unserem Heimat­platz Mainz. 20 Minuten später sind auch die beiden andern UL am Platz. Die Piper­be­satzung entscheidet nicht zu landen, weil sie befürchtet, bei den hohen Tempe­ra­turen, kräftigem Crosswind, anstei­gender Graspiste mit unbekannter Bewuchshöhe und weitgehend gefüllten Tanks nicht sicher wieder rausstarten zu können. Solche Piloten­ent­schei­dungen werden grund­sätzlich nicht disku­tiert und auch nicht kommen­tiert: Safety first. Und wie sich später heraus­stellt, war diese Entscheidung gut, denn der Kuchen am Flughafen Barth ist überaus köstlich.

Die restliche sechs­köpfige Truppe schafft es mit einem freund­lichen Taxifahrer in gut 10 Minuten in die Wismarer Innen­stand. Da der Stral­sunder Flugleiter sich trotz telefo­ni­scher Anfrage nicht erweichen lässt, und als späteste Landezeit 18.00 Uhr vorge­geben hatte, reicht die Zeit nur für einen kurzen Stadt­rundgang einschließlich einiger Erklä­rungen zu wichtigen Sehens­wür­dig­keiten und einem Stopp im histo­ri­schen Hafen mit Kaffee – und obliga­to­ri­schem Fisch­brötchen. Der Taxifahrer ist zuver­lässig, steht wie vereinbart am Treff­punkt und bringt uns zurück zum privat geführten Wismarer Flugplatz.

Flieger­kol­legen unter sich, nicht in ihrer natür­lichen Umgebung sondern – mal wieder – beim Fisch­brötchen-kauen.

Fliegen über dem Bodden – Wasser auf beiden Seiten der Flugzeuge.

Die drei Besat­zungen gehen den Heimweg Richtung Stralsund an. Im Osten sieht man schon die nahende Schlecht­wet­ter­front. Teilweise direkt, teilweise noch einmal der Küsten­linie entlang über Rostock und Zingst dem Bodden folgend sind die ULs kurz vor 18.00 Uhr an der Tankstelle in Stralsund und das noch vor der Piper­be­satzung, die sich vom Kuchen nicht losreißen konnte.

Im Fisch­re­staurant lassen wir den Abend ausklingen, nachdem wir aus einem Biergarten mit den Worten: „Das Wetter kommt!“ heraus­kom­ple­men­tiert wurden. Das ist auch gut, denn die dunklen, dicken Wolken wandern über unsere im Winter­garten sitzende Truppe hinweg mit einem strammen, heftigen Wind und Regen.

3. Tag

Für den Rückweg haben wir Magdeburg als Zwischen­stopp gewählt. Und wieder knapp 35 Grad. Während alle ULs Treib­stoff bekommen, muss die Piper nach Sömmerda ausweichen – der Avgastank in Magdeburg ist leer.

Sisters are doin’ it for themselves – letzter Tankstopp der Reise in Magdeburg.

Lange halten wir uns nicht auf, denn bei der Hitze hat keiner richtig Lust Mittag zu essen. Trotz der hohen Tempe­ratur herrscht auch auf der letzten Etappe über dem Harz fantas­tische Sicht und wir drehen eine Ehren­runde um den Brocken auf den sich die Brockenbahn, sichtbar durch eine Dampf­wolke, hochar­beitet.

Ab Magdeburg galt es zügig zu steigen, um den Brocken umrunden zu können.

Die Brockenbahn hat deutlich mehr Mühe zum Gipfel zu kommen als wir.

Insgesamt 9 Stunden und 45 Minuten Flugzeit stehen auf der Uhr, als wir wieder in Mainz bei 34 bis 35 Grad einfallen. Und auch hier trudeln die ULs kurz nachein­ander ein, obwohl wir uns nicht abgestimmt hatten. Etwas später folgt auch die Piper.

Das gemeinsame Bierchen auf der Terrasse unserer Flugplatz­kneipe ist obliga­to­risch. Ein harmo­ni­scher Abschluss eines sehr harmo­ni­schen Ausflugs mit neun Mainzer Fliegern auf vier Flugzeugen. Nach und nach verab­schieden sich die Kolle­ginnen und Kollegen.

Eine technisch weniger anspruchs­volle Tour, aber mit einer ausge­sprochen netten Mischung an Vereins­mit­gliedern, einem sehr relaxten Mitein­ander der immer wieder neu gemischten Besat­zungen, die phantas­tische Natur von Ostsee­küste und Bodden­land­schaft sowie die sehr entspannten gemein­samen Aktionen am Boden haben einen tollen Ausflugsmix ergeben. Nachmachen dringend empfohlen!

(Bilder: Anja, Julia, Hermann, Lilli, Natalie, Peter; Text: Anja, Meinolf)

Und warum machen wir das? Weil’s Spaß macht!

Meinolf Droege

 

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