La Rochelle 2022

dijon 06

La vie est chouette* oder wie wir beinahe nach La Rochelle geflogen wären…

Donnerstag, 01. September 2022

Mit der entspannten Lässigkeit einer alltäg­lichen Routine treffen sich acht Teilnehmer des „UL-Ausflugs-II-2022“ des LfV Mainz e.V. in Natalies virtu­ellem Bespre­chungsraum. Sieben Teilnehmer, sieben Orte im In- und Ausland. Noch vor wenigen Jahren wären hierzu mindestens ein Bachelor-Abschluss in Infor­matik sowie mehrere Video-Konfe­renz­räume notwendig gewesen – COVID-19 und Homeoffice lassen grüßen.

Nach kurzer Beurteilung der Wetter­pro­gnosen für die kommende Woche und der Abwägung, ob es eher gen Osten oder Westen gehen soll, steht das Ziel fest: Wir werden mit vier ULs aus Mainz und Worms sowie einer Aquila aus Mainz nach La Rochelle an die franzö­sische Atlan­tik­küste fliegen, mit Zwischen­station in Dijon auf dem Hin- oder Rückweg.

Soweit der Plan, la vie est chouette*

* Das Leben ist schön

Sonntag­morgen, 04. September 2022

Wieder treffen sich die Teilnehmer in Natalies virtu­ellem Bespre­chungsraum. Inzwi­schen ist das Teilneh­merfeld auf sieben geschrumpft, erneut lässt COVID-19 grüßen.

Jedoch ist das nicht die einzige Änderung des Plans, denn auch das Wetter hat beschlossen, entgegen der bishe­rigen außer­ge­wöhnlich langen, stabilen Phase nun deutlich mehr Bewegung in das Wetter­ge­schehen über Mittel­europa zu bringen. Die gelang­weilte Meteo­ro­login freut die Abwechslung, der mit Planung und Vorbe­reitung beschäf­tigte VFR-Flieger schaut eher sparsam drein. Kurzum, die Planung wird in eine Ost-Frank­reich Tour umgestaltet, es geht montags für zwei Nächte nach Dijon-Darois und bereits am Mittwoch wieder zurück nach EDFZ. Flexi­bi­lität ist Trumpf, la vie est chouette!

Montag­morgen, 05. September 2022, 9:00 Uhr

Um 9:00 Uhr morgens treffen sich die Teilnehmer, nein, nicht wieder in Natalies virtu­ellem Bespre­chungsraum, sondern diesmal live und in Farbe am Verkehrs­lan­de­platz Mainz ‑Finthen.

Und schon wieder haben sich Änderungen ergeben: Besatzung und Maschine aus Worms werden nicht nach Dijon mitkommen und die Hälfte einer Besatzung aus Mainz ist nach dem „I’M SAFE“- Check leider nicht fit-for-flying, safety first!

Flugpläne werden rasch angepasst, Crews für die anste­henden Legs neu aufge­teilt. Erster Stopp nach Mainz wird Bremgarten sein. Von dort geht es dann durch die Burgun­dische Pforte vorbei an Montbé­liard und entlang des Doubs über Besançon nach Dijon. Der kleine Schlenker nach Süden dient dazu, den einzigen Abschnitt der Route mit einer komple­xeren Luftraum­struktur etwas zu entschärfen, das macht das Fliegen in der kleinen Gruppe einfacher. Immerhin kündigen AZBA** und NOTAMs eine Kombi­nation aktiver LF‑R Lufträume zwischen Besançon und Dijon an, die ohne Ein- und Durch­flug­ge­neh­migung nur sehr wenige Alter­na­tiven zur Umgehung bieten. Los geht’s zum Rollhalt 25, la vie est chouette!

** AZBA: Activity of low altitude areas ***einschl. Vorgän­ger­or­ga­ni­sation Centre-Est Aéronau­tique

Montag, 05. September 2022 , 11:30 Uhr

Die Zwischen­landung in Bremgarten gleicht einem Boxen­stopp ohne Tanken: Crews werden nach Plan neu zusam­men­ge­stellt, Müsli-Riegel und Mineral­wasser in Wettbe­werbs­ge­schwin­digkeit verputzt, Routen und Funkfre­quenzen nochmals abgeglichen, sowie Flugpläne geöffnet.

Der Besatzung der D‑MKEF hat der Flug nach Bremgarten den Hinweis mitge­geben, es bei dem anste­henden Flug im Verband mit der D‑MMZD etwas langsamer angehen zu lassen, so dass die Solo-Crew der Dynamic sich nicht auch noch mit der Suche nach der voraus­flie­genden Fk14 beschäf­tigen muss.

Der Controller von Bâle Infor­mation, mit dem wir bereits wenige Minuten nach dem Start in Kontakt stehen, ist profes­sionell und koope­rativ, Freigaben werden erteilt, Sicht­kontakt der Formation bleibt erhalten, der Flug läuft nach Plan.

Nur die Aquila, die als letzte startete hat es irgendwie geschafft eine Abkürzung per Hyperraum-Umgehungs­straße zu finden und gibt bereits lässig entspannt vom Boden in Dijon-Darois aus wertvolle Windan­gaben an den anflie­genden Fk14-Dymanic-Verband.

Die beiden ULs rollen nach gelun­gener Landung zur einen der beiden (!) Tankstellen an diesem kleinen Platz in Burgund, an dem die Firma Robin seit 1957*** ihren Sitz hat. Im Gegensatz zu TOTAL hält AVIA nämlich nicht nur AVGAS 100 LL, sondern auch MOGAS vor. Heute jedoch nicht. Den geneigten Kunden wird freundlich per Display mitge­teilt, dass diese Sorte im Augen­blick nicht verfügbar sei. Immerhin, AVGAS 100 LL wird für 2,799 € feilge­boten. Inzwi­schen freut man sich ja bereits über Liter­preise für Flugbenzin, die unter 3,00 € liegen. Man wird heutzutage ja bescheiden, la vie est chouette.

Aber das Vorfeld an der AVIA Tankstelle hält doch noch eine kleine Überra­schung bereit. Der Nachbau eines Fokker Dreide­ckers, selbst­ver­ständlich in standes­ge­mäßem Rot mit einschlä­giger Kennzeichnung, parkt am Rand und der Pilot bereitet sich offenbar auf den Start vor. Und dieser erfolgt nach Anlassen, Check und Warmlauf mit der Nase in den Seitenwind aus südöst­lichen Richtungen.

Die Maschinen werden akribisch gemäß den Wünschen das Platz­be­treibers, des Aéroclub de le Côte D’Or, die dieser auf seiner Homepage freundlich zur Verfügung stellt, vertäut. Immerhin hatte ein Crewmit­glied der D‑MKEF anlässlich eines Famili­en­aus­flugs mit derselben Maschine an gleicher Stelle Anfang Juli die Bekannt­schaft der hilfs­be­reiten und ebenso resoluten, wenn auch mit eher sprödem Charme ausge­stat­teten Sekre­tärin des Aéroclubs gemacht. Diese hatte unbedingt darauf bestanden, dass die bereits für die Übernachtung verpackte und verzurrte EF, um die 20 cm laterale und 35 cm longi­tu­dinale Überschreitung der imagi­nären Begren­zungs­linien neu zu positio­nieren sei! Gesagt, getan, im Juli war es glück­li­cher­weise irgendwie kühler.

Nur das Einbringen der Erdanker in den unter dem spärlichen Bewuchs beton­harten Boden nahm vorüber­gehend die Form eines Duells zwischen Mensch und Natur an, das einen glück­losen Spiral­anker der Privat­ma­schine das (Funktions-)Leben durch glattes Abbrechen kostete. Glück­li­cher­weise war eine der Vereins­ma­schinen überbe­stückt, was die Anker anging.

Trotz erheb­licher Mängel hinsichtlich des Beherr­schens der franzö­si­schen Sprache oblag es wegen vermeint­licher Ortskennt­nisse aus dem Besuch im Juli eben jenem EF-Crewmit­glied, dem ab jetzt „Ortskun­digen“, telefo­nisch ein Taxi zu organi­sieren. Und tatsächlich war der Wagen zum Transport von fünf Erwach­senen mehr als pünktlich zur Stelle, um die Aviateure zum Sonder­preis von 35,00 € ins nahege­legene Dijon zu bringen.

Nach dem Einchecken im Hotel, das sich in den Räumen eines ehema­ligen Klosters am Rande der Altstadt befindet, stand die Erkundung Dijons auf dem Programm. Die prächtige und nahezu perfekt restau­rierte Altstadt empfing uns mit Kaffee und Kuchen zur Stärkung. Dann ging es zum Palais Des Ducs und über die Rue de la Liberté zum Jardin Darcy. Immer begleitet von der Eule, la vie est chouette!

Dijon hat nämlich eine Altstadt­rundgang einge­richtet, in dem kleine Messing­tä­felchen mit dem Symbol der Eule dem Besucher den Weg weisen. Die Eule, la chouette, ist ein Relief an der Außen­fassade der Kirche Notre Dame, deren Berührung mit der linken Hand einen Wunsch in Erfüllung gehen lassen soll, la vie est chouette!

Und da Eulen nicht nur im Rufe stehen, über eine Nacht­flug­be­rech­tigung zu verfügen, sondern auch überaus kennt­nis­reich zu sein, findet sich in der Broschüre des Rundgangs der Eule allerhand Wissens­wertes zur Stadt. Nachdem nun der Ortskundige der Gruppe zwar das Prinzip des Rundgangs erläutert, jedoch die nämliche Broschüre sicher im Hotel­zimmer deponiert hatte, wurde die Frage „Und was hätte die Eule gesagt?“ zum Running-Gag der Altstadt-Tour.

Im Jardin Darcy, der ein Denkmal des Ingenieurs Henri Darcy beher­bergt, der sich um Dijons Wasser­ver­sorgung verdient gemacht hatte, fanden die Aviateure auch die Lösung eines der Geheim­nisse der Luftfahrt: Was ist und wie genau entsteht Brume (METAR / TAF, Kürzel für Wetter­erschei­nungen: BR = Brume, feuchter Dunst):

Für den Abend empfahl sich die Reser­vierung in einem der örtlichen Restau­rants, da an Montagen doch so einige Gastwirt­schaften geschlossen sind. Und so fanden die Crews nach kurzer Suche und mittels Hinweisen der Wirtin des zuvor besuchten Cafés einen Tisch in einem Restaurant am Place Émile Zola.

Doch bereits während der kurzen Pause im Hotel zwischen Stadt­rundgang und Abend­essen nahm eine neue Dynamik Fahrt auf: Allerlei mobile moderne elektro­nische Hilfs­mittel wurden in Betrieb gesetzt und mittels der unter­schied­lichsten Appli­ka­tionen die Wetter­daten verschie­dener Progno­se­mo­delle begut­achtet, analy­siert und inter­pre­tiert. Was noch vor der Vorspeise als kleineres Neben­ge­spräch begannt, entwi­ckelte sich bis zum – alkohol­freien! – Absacker in einer nahege­le­genen Bar mit wunder­schönem Innenhof zu einem tiefen guten Gespräch der gesamten Gruppe. Nun aber zurück in unser Kloster-Hotel. Immerhin standen kostbare Minuten späteren Aufstehens am nächsten Morgen auf dem Spiel!

Ach ja, und die wetter­be­dingte Verkürzung der Tour mit Rückflug bereits am Dienstag statt Mittwoch.

Alsbald einigte sich das Team auf 7:00 Uhr Frühstück, 8:00 Uhr Taxifahrt nach Darois, Abflug nach Nancy und Weiterflug nach Kaffee und ohne Stadt­be­sich­tigung nach EDFZ. Immerhin, zwei Tage Frank­reich, la vie est chouette!

Dienstag, 06. September

Pünktlich um 8:00 standen die Besat­zungen vor dem Hotel und warteten auf das bestellte Taxi, nachdem zuvor ebenso pünktlich das Treffen zum Frühstück statt­ge­funden hatte und letzte plane­ri­schen Details für die Flüge des Tages ausge­tauscht worden waren. Allein, kein Taxi weit und breit. Der Ortskundige berichtete nun von der Erfahrung aus dem Juli, dass exakt an gleicher Stelle und zur gleichen Uhrzeit das Taxi erst 30 Minuten später eintraf. Nach telefo­ni­scher Rücksprache mit dem Fuhrun­ter­nehmen – „…selbst­ver­ständlich Monsieur, der Wagen ist in weniger als zwei Minuten zur Stelle!“ – bog nun ein baugleiches Fahrzeug, wie das im Juli, mit einem Fahrer, der der Zwillings­bruder desje­nigen aus dem Juli hätte sein können, in den Hof des Hotels ein. Jedoch diesmal bereits um 8:20 Uhr, la vie est chouette!

Nach Auspacken, Trocknen, Losbinden und Check der Flieger sowie der Betankung der Aquila, Aufgabe der Flugpläne ging es via Rollhalt 20 von Darois nach Nancy Essey, LFSN, den stadt­nahen Flugplatz der 100.000 Einwohner zählenden Stadt in der Region Gand Est.

Bezahlen des Lande­ent­geltes von 8,71 € via aerops war kein Problem und das in einschlä­gigen Pireps hoch gelobte Restaurant servierte uns Kalt- und Heißge­tränke, obwohl sich gefühlt das gesamte Personal in hekti­scher Betrieb­samkeit für die Gäste der in 20 Minuten begin­nenden franzö­si­schen Mittags­pause von 12:00 bis 14:00 Uhr an sämtlichen Tischen des Hauses rüstete.

Auch jetzt wurden abschließend Flugpläne angepasst, Routen, Wegpunkte, Lufträume, Beschrän­kungs­ge­biete und Frequenzen ein letztes Mal besprochen und schon waren die Flieger wieder in der Luft, unterwegs gen Heimat. Obgleich mehrere Flugbe­schrän­kungs­ge­biete auf dem Flugweg lagen, gestaltete sich der Kontakt mit dem Controller, einmal mehr profes­sionell und koope­rativ, erfreulich kurz: „Transition approved“ und viel später, aber bereits einige Minuten vor der Landes­grenze zu Deutschland die Bitte, Langen Infor­mation zu rufen. La vie est chouette!

Um 13:45 Uhr waren dann alle drei Maschinen zurück in Mainz und nach dem Putzen, dem Schreiben der Bordbücher und Füllen der Fluger­fas­sungs­systeme fanden sich die Crews zum „Debrief“ in einer Eisdiele im nahen Finthen wieder, la vie est…, nein, diesmal: Chapeau der D‑MMZD Solo Crew!!

Und, nach dem Flug nach Frank­reich ist vor dem Flug nach Frank­reich!

Bernhard H.

Hinweis: Die nicht nur fliege­rische Begeis­terung des Autors für Frank­reich ist nicht zu übersehen, weshalb die Lektüre des Artikels es bisweilen an Objek­ti­vität vermissen lässt, 

Nachtrag:

Sonntag­nach­mittag, 11. September 2022

Nach einigen Regen­tagen sind die Wetter­aus­sichten für Montag den 12.09.2022 in Richtung Nancy hervor­ragend. Also plant das Team D‑MKEF kurzfristig den Test des Flugplatz­re­stau­rants in Essey und die Stadt­be­sich­tigung von Nancy nachzu­holen.

Montag­vor­mittag, 12. September 2022

Finaler Wetter­check, Flugplan aufgeben und los geht es. Nach Verlassen der C Beschrän­kungen von Frankfurt ging es auf FL65 und in der Gegend von Saarbrücken Frequenz­wechsel auf Lorraine Approach um die entspre­chenden Durch­flug­ge­neh­mi­gungen durch die unter­schied­lichsten Lufträume auf dem Weg einzu­holen. Die aktiven militä­ri­schen Tiefflug­ge­biete blieben weit unter uns. Nach ca. einer Stunde meldeten wir uns bei AFIS Nancy-Essey und nach weiteren 5 Minuten hatten wir unsere Parkpo­sition erreicht.

Als nächstes stand der Test des Flugplatz­re­stau­rants an. Unser Urteil „hervor­ragend“. Auf dem nächsten Bild findet man die Öffnungs­zeiten und Kontakt­daten.

Das Restaurant ist zur Mittagszeit an 7 Tagen geöffnet. Am Wochenende ist eine Reser­vierung empfohlen.

Nach dem obliga­to­ri­schen Espresso war die Besich­tigung der Innen­stadt angesagt. Aber – wie kommt man am besten dort hin?

Option A: Laufen, dauert ca. 45 Minuten.

Option B: Taxi, dauert ca. 20 bis 120 Minuten bis ein Taxi kommt. Keine planbare Option.

Option C: Bus Linie 15, fährt alle 30 Minuten. Die Fahrt selbst dauert ca. 15 bis 20 Minuten und die Hin-und Rückfahrt kostet für 2 Personen 6 Euro. Die Bushal­te­stelle ist ca. 800m vom Flugplatz entfernt und leicht zu finden. Fahrt­richtung GARE. Ausstieg Place Stanislav.

Dieser Platz ist ein echtes Highlight. Goldfarbene Tore, histo­rische Bauwerke, jede Menge Restau­rants, Torbögen mit Übergang in eine schöne Parkanlage und Wege zu imposanten Kirchen.

 

Nach dem Rundgang bei hochsom­mer­lichen Tempe­ra­turen war zum krönenden Abschluß eine Einkehr im Straßencafe des Grand Hotels angesagt — La vie est chouette!

Fazit: Da Nancy nur 200km Luftlinie von Mainz entfernt ist, eignet es sich als perfektes Ziel für einen vergnüg­lichen Tages­ausflug zu unseren franzö­si­schen Nachbarn.

Armin H.

Bilder: Team Frank­reich 2022

 

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