Mit 100 ROTAX-Pferden nach Duxford und Old Warden

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Für dieses Frühjahr hatten sich die Mainzer Piloten Bernhard Hehn und Armin Hanus zwei besondere Ziele ausge­sucht – Duxford, EGSU, in Südengland, südlich der Stadt Cambridge gelegen, und Old Warden, EGTH, in der erwei­terten Nachbar­schaft. Beide Plätze sind für ihren „fliegenden“ Sammlungen histo­ri­scher Flugzeuge, den Flugtagen und Ausstel­lungen „The Holy Grail“ für Vintage Aircraft- und Warbird-Enthu­si­asten über die Landes­grenzen hinaus bekannt. Aber davon später mehr.

Unter dem Motto: Gut geplant ist halb geflogen, wurden alle wichtigen Kapitel der AIPs, die Strecken­karten und die BREXIT-konformen Ein- und Ausrei­se­be­stim­mungen für UK studiert.

Die Planung der Strecke wurde wegen der Ein- und Ausrei­se­be­stim­mungen nach UK auf mehrere Strecken­ab­schnitte aufge­teilt. Schließlich waren wir auf „inter­na­tionale“ Flughäfen angewiesen. Eine gründ­liche Recherche im Vorfeld half uns, unliebsame Überra­schungen auf der Strecke und bei der Ein- und Ausreise auszu­schließen.

Zur Navigation waren wir mit zwei Tablets, jeweils mit SkyDemon ausge­stattet, sowie dem bordsei­tigen Dynon SkyView mit Easy VFR Karten­ma­terial bestens gerüstet und mehrfach abgesi­chert. Immerhin, die Gründungs­le­gende von SkyDemon besagt, dass das Programm entwi­ckelt wurde, um im komplexen Luftraum um London herum Luftraum­ver­let­zungen zu vermeiden.

Hier die Übersicht der geplanten Strecken­ab­schnitte: Mainz > Sedan-Doucy > LeTouquet > Old Warden > Duxford> LeTouquet > Mainz

 

Abschnitt 1: Mainz > Sedan-Doucy (ca. 240 km / 1:20h)

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Der erste Teilab­schnitt: Mainz, Idar-Oberstein, nördliche Umfliegung von Baumholder, REMIK, südliche Umfliegung von Luxemburg CTR, VALEK, ein Schnipsel Belgien und weiter zur Landung in Sedan Doucy.

Pause in Sedan-Doucy: Wetter bisher eher mittel­prächtig, Zu Fuß ging es in Richtung Kirchturm am kleinen Markt­platz. Mittag­essen aus der örtlichen Bäckerei, Stimmung gut bis sehr gut. Nach einem Espresso, erneutem Wetter­briefing und Smalltalk mit lokalen Piloten waren wir abflug­bereit in Richtung Küste.

 

Abschnitt 2: Sedan-Doucy LFSJ > Le Touquet LFAT (ca. 260 km / 1:30)

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Der Flug nach LFAT ging über die Wegpunkte ELVES und ROGAT. Le Touquet ist ein inter­na­tio­naler Flugplatz, wie der Aufschrift auf dem Gebäude leicht zu entnehmen ist. Der Platz ist leicht anzufliegen und empfing uns mit eher gemüt­lichem Betrieb sowie freund­licher Grenz­ab­fer­tigung.

Ob das lang gestreckte Flugha­fen­ge­bäude eigens so konzi­piert wurde, um dem vollstän­digen Namen Platz zu bieten? Wir haben es nicht heraus­ge­funden.

Kaum hatten wir die Boden­ab­fer­tigung hinter uns gebracht, starteten wir die Suche nach einer Bleibe für die Nacht. Es war uns klar, warum der Platz einen Doppel­namen trägt: Le Touquet – Paris Plage – also die Badewanne von Paris. Eigentlich an einem Nachmittag mitten in der Woche sollte es kein Problem sein eine Unter­kunft zu finden. Doch, einen Tag vor Christi Himmel­fahrt, der auch in Frank­reich ein Feiertag ist, und „tout le monde“ aus Paris bereits vor Ort angekommen waren und ihre lange im Voraus gebuchten Zimmer bezogen hatten, war die Lage diesmal anders. In der Tat war auch mit allen modernen Mitteln der kurzfris­tigen Hotel­zim­mer­suche (Hilfe des Flugplatz­per­sonals, Telefonate mit der Heimat und weiteren digitalen Mtteln) keine Übernach­tungs­mög­lichkeit zu finden. Schließlich war Armins bewährte alte Technik, ein direkter Anruf im Grand Hotel, erfolg­reich (was uns vor der Übernachtung unter der Brücke über die Canche rettete). Im Grand Hotel war dann doch noch eine Luxus­be­sen­kammer mit zwei getrennten Betten für ein horrendes Entgelt zu haben. Immerhin hatte das Personal an der Rezeption Mitleid und gewährte uns einen kleinen Discount für das Frühstück.

Nach einem Spaziergang durch das fein heraus­ge­putzte Städtchen sowie einer „Teilum­rundung“ des Hotel­kom­plexes fand das Abend­essen in einem kleinen, typisch franzö­si­schen Restaurant statt. Auch hier war es schwierig, ohne Reser­vierung einen freien Tisch für 2 Personen zu ergattern. Dafür waren zum Sonnen­un­tergang am Strand jede Menge Plätze frei.

 

Abschnitt 3: Le Touquet LFAT > Old Warden EGTH (ca. 280 km / ca. 1:30h)

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Gut gelaunt und nach einem luxuriösen Frühstück (mit Discount!) berei­teten wir alles für die nächsten beiden Tages­etappen vor. Die Wetter­in­for­ma­tionen für die gesamte Strecke waren gut, die Überquerung des Kanals über ERKEX in Richtung EGMD konnte in Angriff genommen werden. Von dort ging es über EGTO, ABBOT, ROPMU und ODVOD nach EGTH.

Bei der Betankung konnten wir uns mit Hilfe der TOTAL Card selbst helfen, dann ging es los in Richtung der sehr nahe gelegenen Küste. Was für ein An- und Ausblick! Auch auf unser Luxus­hotel (Bildmitte).

Die Küste bei Lydd kam schon bald in Sicht, der Rotax arbeitete, emotional völlig unberührt von der Wasser­fläche, zuver­lässig seine Viertakt-Zyklen ab, und wir näherten uns vom Kontinent kommend zielstrebig dem Verei­nigten König­reich. Im Funkgerät war bereits London Infor­mation (for basic service) gerastet – dieser Service war dann auch wirklich „very basic“.

Nachdem wir die Küste von Kent überflogen hatten, überquerten wir bei Rochester – nein, das ist noch nicht die Themse — sondern den River Medway. Die 604ad gegründete Kings School von Rochester gilt (nach Canterbury) als die zweit­äl­teste Schule der Welt. Sehenswert sind weiterhin das Schloss und die Kathe­drale, umgeben von der histo­ri­schen Altstadt.

Hier nun die Themse (die Aufnahme zeigt in westliche Richtung strom­auf­wärts). Von hier sind es nur noch rund 20 Meilen zur Londoner City. Der kundige Beobachter erkennt im Gewirr der Indus­trie­an­lagen den Themse-Übergang Dartford Crossing: Dort geht es per Tunnel nach Norden, per Brücke nach Süden.

Aber unser Kurs geht ja weiter nach Old Warden, zunächst nach Norden, später London-Stansted umrundend nach Westen. Der Grasplatz der Shuttle­worth Collection nahe Bedford in der gleich­na­migen Grafschaft Bedford­shire begrüßte uns bei bestem Wetter mit dem Anflug auf die 800 m lange Piste 20. Mangels besetztem Tower per veröf­fent­lichtem Anflug­ver­fahren mit den üblichen Blind­mel­dungen, das alles bei durchaus regem Verkehr.

Nach der Landung auf der sehr gut gepflegten Graspiste und der Ruhig­stellung der 100 ROTAX-Pferde wurde die Situation erst einmal in einem Bild festge­halten. Schließlich war das unsere erste Landung an diesem beson­deren Platz.

Danach ging es direkt zur berühmten Shuttle­worth Collection, deren Flugzeug-Exponate (fast) alle flugfähig sind.

Es folgte ein Gespräch mit einem freund­lichen und sehr hilfs­be­reiten Mitglied des Shuttle­worth Engin­nering Depart­ments, mit dem wir tags zuvor unsere Ankunft telefo­nisch besprochen hatten. Durch diesen Kontakt bekamen wir tiefere Einblicke in die Arbeit der Techniker und Ingenieure und auch noch eine Führung durch den Workshop „hinter den Kulissen“.

Eine solche Sammlung flugbereit zu halten, bedeutet einen nicht unerheb­lichen Aufwand und verlangt eine Unmenge an Know-How. Hier eine Vickers, die einen Auftritt in dem sehr bekannten engli­schen Film aus dem Jahre 1965, „Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“, hatte. Unver­gessen Gert Fröbe in der Rolle des preußi­schen Oberst Manfred von Holstein („Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann!“). Natürlich hat am Ende ein Engländer vor einem Ameri­kaner den Wettbewerb gewonnen.

Es ist unmöglich an dieser Stelle alle Schätze zu zeigen. Hier noch stell­ver­tretend die Persival Mew Gull, mit der Alex Henshaw 1939 in 4 Tagen 10 Stunden und 16 Minuten von England nach Kapstadt und zurück flog. Der Motor de Havilland Gipsy Six II mit Verstell­luft­schraube brachte das Flugzeug auf eine Reise­ge­schwin­digkeit von 370 km/h. Dieser Strecken­rekord sollte über 70 Jahre bestehen bleiben.

Die Zeit in Old Warden verging viel zu schnell. Wir müssen weiter, Duxford ruft!

 

Abschnitt 4: Old Warden > Duxford (ca. 40 km / 0:15h)

Die geplante Flugzeit betrug mit Ab- und Anflug ca. 15 Minuten. Somit waren wir, was die Reich­weite unseres Fliegers betrifft, definitiv auf der sicheren Seite.

In Duxford wurden wir von einer Hawker Hurricane in der Platz­runde begrüßt und kaum auf dem Abstell­platz gegenüber des Towers angekommen, boten uns eine 2‑motorige Blenheim, eine Spitfire sowie mehrere Tiger Moths, welche munter um den Platz herum flogen, eine private Airshow. Ein gelun­gener Auftakt unseres Besuchs!

Ein passendes Hotel in der Nähe war schnell gefunden, der Transport durch ein Mitglied der freund­lichen Tower-Crew organi­siert, mit dem wir ebenfalls im Vorfeld unseres Flugs telefo­niert hatten. Wie angeboten, nahm er uns am Ende seines Dienstes um 18:00 Uhr Ortszeit auf dem Heimweg zu unserem Hotel mit „angeschlos­senem“ Pub im Nachbarort mit.

Unser Hotel, war sehr verkehrs­günstig gelegen, wie der Blick aus unseren Fenstern zeigt. Trotz der exponierten Lage an der Bahnlinie war es erstaunlich ruhig.

Ganz wichtig: Kein England Besuch ohne fully cooked English Breakfast! Diesmal im Zimmer­preis inbegriffen.

So gestärkt ging es mit dem Taxi in das weltbe­kannte Imperial War Museum IWM, Zweig­stelle Duxford.

Dort folgte ein Highlight dem nächsten. Hier die B 17 Sally B., die ihren Auftritt in dem briti­schen Film „Memphis Belle“ aus dem Jahr 1990 hatte. Die Drehar­beiten fanden an Schau­plätzen in London, beim IWM in Duxford, und auf dem RAF Stütz­punkt Binbrook statt. Die „Memphis Belle“, deren Motoren am Ende des tragi­schen Films, nach und nach ausfallen, schleppt sich nach dem gefähr­lichen Einsatz in Deutschland mit letzter Kraft in Richtung England zurück. Mit dem letzten laufenden Motor und trotz beschä­digter Steuerung und Fahrwerks­hy­draulik gelingt dem Pilot die Landung auf dem Heimat­flug­platz. „Schluss­endlich bleibt dann jedoch nicht sehr viel mehr übrig als ein Flieger­drama, dessen Intention eher in abend­fül­lender Unter­haltung (dies aber zweifellos sehr gut) zu suchen ist, so das Fazit eines bekannten Filmkri­tikers.

Eine lufttüchtige Vought F4U Corsair (ausge­rüstet mit einem 18 Zylinder Doppel­stern­motor R‑2800–18W mit 2130 PS) wartet auf den nächsten Einsatz. Von 1940 bis 1953 wurden 12.581 Maschinen in verschie­denen Varianten gebaut. Wegen ihres im Anflug typisch pfeifenden Flugge­räu­sches, welches die Kühler verur­sachten, wurden sie als “Whistling Death” bezeichnet.

Auch diese Catalina wartete in bester Verfassung darauf, gegen eine sehr große Zahl kleiner Münzen, z.B. für ein Type rating, einge­setzt zu werden (so wurde es jeden­falls einem der Autoren am Wasser­flug­platz Bisca­rosse geschildert). Von 1935 bis 1945 wurden insgesamt 3272 dieses Typs gebaut. Mit zwei Stern­mo­toren mit je 1.200 PS erreicht die Catalina max. 315 km/h.

Nun ging es weiter zu einem „leben­digen“ Hangar mit flugtüch­tigen Schätzen der Warbird-Szene (etwas verdeckt in der Bildmitte eine Me109).

Hier eine relativ seltene Fairey Gannet, ein Aufklärer und U‑Boot-Jäger. Gannet ist das englische Wort für Basstölpel — irgendwie kann man eine gewisse Ähnlichkeit erahnen.

Jedoch doppelte Klapp­flächen und ein Armstrong-Siddeley Double Mamba Turboprop Triebwerk mit 2740 PS (bestehend aus zwei Armstrong Siddeley Mamba, die jeweils einen der beiden koaxial angeord­neten Propeller gegen­läufig antreiben) hat nicht jeder! Wie bekannt: Schönheit liegt im Auge des Betrachters, denn was gut aussieht, fliegt angeblich auch gut.

Nächste Station: Ein Besuch im Workshop. Hier der Wieder­aufbau eines Volks­jägers He162 mit Strahl­triebwerk BMW-003. Dieses Projekt kann aber noch etwas dauern.

Sally B., inzwi­schen auf dem Vorfeld und kurz vor dem spekta­ku­lären Anlassen der vier Motore begleitet von der örtlichen Flugplatz-Feuerwehr, die durchaus gut ausge­stattet daher­kommt…

British engineering: Aus der Britten- Norman Islander wurde 1970 die BN-2A Mark III Trislander. Ein 3‑motoriger Insel­hüpfer für 18 Personen (1 Pilot plus 17 Passa­giere).

Weiter ging es in den riesigen, sehens­werten ameri­ka­ni­schen Hangar, entworfen von Starar­chitekt Norman Foster. Auch dem mehrfachen Besucher erschließt sich bisher nicht, wie die Flugzeuge in diesen Hangar gekommen sind, zumal einige Exponate über die Jahre auch ausge­tauscht wurden.

In dieses archi­tek­to­nische Wunderwerk passt, neben vielen anderen Exponaten, sogar eine 8‑strahlige B52 mit 56 Metern Spann­weite locker rein.

Aber auch der Hangar mit den briti­schen Luftfahrt­ge­räten ist riesig, wie auf der Übersicht gut zu erkennen ist. Hier gibt es jedoch große Rolltore um die Flieger bewegen zu können.

Die „einfache“ Archi­tektur dieser Halle macht, im Vergleich zu dem „Norman Foster Luxus­hanger“, die Übersicht für den Besucher etwas schwie­riger.

Der nächste Tag : Alle Forma­li­täten sind bereits erledigt. Die MCR 4S ist abflug­bereit und wartet schon auf ihren Einsatz in Richtung Frank­reich.

Vorher noch ein schneller Besuch bei der Spitfire Fraktion — 3000 GBP für 30 Minuten Mitflug als Backseater – ein echtes Schnäppchen. Ein Type rating ist auch möglich. Über diese Kosten schweigt der Gentleman. Wir träumen davon weiter …

 

Abschnitt 5 — Duxford > Lydd > Le Touquet ( ca. 250 km / ca. 1:20h)

Für den Rückflug nach LeTouquet haben wir wieder die bewährte Strecke über Lydd nach Le Touquet gewählt. Auf den „basic service“ haben wir diesmal verzichtet.

Wie immer ist bei schönem Wetter und am Wochenende das Vorfeld gut gefüllt. Nach dem Mittag­essen im Restaurant L‘escale (Empfehlung) und Spaziergang zum Yacht­hafen im nahen Étaples, geht es zurück nach EDFZ. Nein, diesmal ohne Übernachtung im Grand Hotel von Le Touquet.

 

Abschnitt 6: Le Touquet > Mainz (ca. 500km km / 2:30h)

Auf der in den letzten Jahren schon mehrfach geflo­genen Route (diesmal ohne Zwischen­landung in Sedan-Doucy) sind wir wieder sicher nach Mainz zurück­ge­kehrt.

 

Abschnitt 7: EDFZ Hangar 3 – Flugplatz­re­staurant Tower One (ca. 0,1km / 0:02h)

Hier konnten wir bei einem Kaffee folgende Bilanz für die gesamte Reise aufstellen: 4 Tage, 4 Länder, 6 Teilstrecken, etwas mehr als 1500 km Gesamt­flug­strecke, ca. 8 Stunden Flugzeit, ca. 140 Liter Sprit (=18,0 ltr/h), ca. 80 Euro Lande- und Abstell­ge­bühren).

Fazit: Trotz BREXIT bleibt England ein sehr inter­es­santes Ziel und die Museen in Old Warden und Duxford sind ein beson­deres Erlebnis.

 

Text und Bilder: Armin Hanus / Bernhard Hehn

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