Im Jahr 2017 hatten wir bereits die Nouvelle-Aquitaine mit unseren ULs besucht und darüber berichtet. Eines der Highlights war damals Arcachon mit dem Besuch der sehenswerten „Dune de Pilat“. In 2021 sollte es nun bis nach La Rochelle an der Atlantikküste gehen.
Als Fluggerät nutzen wir ein schnelles Reise-UL, den FK14 Tiefdecker von B&F, mit dem sich die Strecke, ja nach Wind, in ca. 5 Stunden Flugzeit bewältigen lässt.
Als Basis hatten wir, wie schon in 2017, den Flugplatz Belvès im Departement Dordogne gewählt. Der Flugplatz von Belvès Saint-Pardoux (LFIB) verfügt über eine 800 m lange Graspiste, ein paar Hallen sowie ein kleines Vereinsheim des örtlichen Aéroclubs. Dank guter Beziehungen zum Aeroclub Belvès durfte unser UL wieder in einer der Hallen wohnen.
Die Planungen für die Hin- und Rückflugstrecken waren fast identisch (Mainz-Saarlouis– Metz-Chambley-Joinville-Troyes-Auxerre-Nevers-Lurcy-Gueret-Belves-La Rochelle). Die FK14, sowie die Piloten sind mit dieser bewährten Strecke bereits aus früheren Flügen vertraut.
Eine gute Flugvorbereitung war — wie immer — eine gute Grundlage für ein stressfreies Flugerlebnis. Insbesondere galt es, die recht komplexe Luftraumstruktur auf der knapp 1000 km langen Strecke zu überprüfen und beachten. Hier das Teilstück von Mainz nach Auxerre.
Auf der offiziellen Seite der SIA findet sich die vollständige und kostenlose AIP mit allen Anflugkarten der französischen Flugplätze. Da wir ausschließlich während der Woche unterwegs waren, galt es besonders auf die zahlreichen militärischen Lufträume zu beachten. Hierbei sind die tagesaktuellen AZBA Tieffluginformationen sehr hilfreich. Ebenso ist es wichtig, die aktuellen NOTAMS für die anderen militärischen Aktivitäten und sonstige Informationen einzuholen und sich die entsprechenden Frequenzkontakte zu notieren.
Eine weitere Besonderheit sind die sehr unterschiedlichen Öffnungszeiten der Tankstellen. Wer jedoch im Besitz der französischen TOTAL-Karte ist, kann an vielen automatischen Flugplatz-Tankstellen in Frankreich rund um die Uhr tanken. Mittlerweile hat auch BP ein automatisches Tankstellennetz aufgebaut, natürlich braucht man hierzu die BP-Karte. Für die Beantragung bis zur Ausstellung dieser Karte sollte man, nach meiner Erfahrung, eine Vorlaufzeit von 8–12 Wochen einplanen.
In der Woche vom 16. bis zum 20. August war dann es soweit. Zwischen uns und dem Zwischenziel, Auxerre, baute sich aber eine Front auf. Dies zwang uns zu einer kurzfristigen Planänderung. Statt der geplanten Strecke, mussten wir einen Umweg über Dijon-Darois nehmen. Die Umplanung mit SkyDemon war jedoc h ein Kinderspiel (Mainz-Bremgarten-Mulhouse-Gray-Dijon). Nur noch den neuen Flugplan aufgeben und schon konnte es losgehen.
Kurz hinter Bremgarten überflogen wir die französische Grenze und ab hier fand der Flugfunk in englischer Sprache statt. Das funktioniert auch in Frankreich ausgezeichnet, sowohl auf den FIS, Approach, Tower, AFIS und auch den militärischen Frequenzen ist eine problemlose Verständigung möglich. Bei längeren Flügen sollte man jedoch mit einigen Frequenzwechseln rechnen. Unsere Kommunikation auf dem Flug nach Belvès fand insgesamt auf rund einem Dutzend unterschiedlicher Frequenzen statt. Zusätzlich gab es noch entsprechend viele Wechsel des jeweiligen Transponder Codes.
An unkontrollierten Plätzen ohne AFIS werden Blindmeldungen in französischer Sprache abgesetzt. Die hierfür benötigten Phrasen sind relativ einfach zu erlernen. Hilfreich kann auch ein „Spickzettel“ sein. Hier unser Exemplar:
Außerdem sollte man sich mit den Zahlen für die jeweilige Pistenausrichtung vertraut machen, um Missverständnisse über die Start- bzw. Landerichtung zu vermeiden. Zu beachten ist, dass in Frankreich, anders als in Deutschland, die Ausrichtung in ganzen Zahlen ausgesprochen wird: Die „zwo-sieben“ in Deutschland wir dann zur „vingt-sept“ in Frankreich.
Die Anflugkarte von Dijon-Darois aus der französischen AIP ist einfach zu verstehen. Da es an diesem Platz keine Flugleitung gibt werden die obligatorischen Blindmeldungen in französischer Sprache abgesetzt und man teilt sich den Anflug, entsprechend der Verkehrslage, selbst ein.
Tanken ist in Darois kein Problem, es gibt sogar zwei Tankstellen und — noch besser – an der im Norden gelegenen Tankstelle gibt es sogar bleifreies MOGAS und man kann mit einer ordinären Kr editkarte bezahlen. Die ROTAX-Pferde lieben es!
Von Dijon ging es dann gleich weiter in Richtung unseres Tagesziels Belves-Saint Pardoux. Hier die geflogene Route, welche uns an Limoges vorbeiführte.
Nach Ankunft in Belves residierte das Team auch diesmal in einem privaten Ferienhaus im Örtchen Bayac. Dort fand an jedem Morgen eine französisch geprägte Frühstückszeremonie statt, nachdem zuvor in der ersten Bäckerei am Platz “baguette périgoudine” und “pain au chocolat” erstanden worden war.
Am nächsten Tag stand ein Ausflug nach Domme auf dem Programm. Domme verfügt über einen kleinen Flugplatz, aber aus logistischen Gründen wählten wir das Auto, das uns in Bayac zur Verfügung stand. Domme ist eine historischen Festungsstadt, die hoch über der Dordogne thront.
Ein Besuch des gut erhaltenen und gepflegten Städtchens ist zu empfehlen. Abseits der touristischen Highlights gibt es ruhige, autofreie Straßen welche zu entspannten Spaziergängen einladen.
Am nächsten Tag war wieder Flugtag. Unser Ziel, der Regionalflugplatz La Rochelle — Ile de Re, ist ca. 260 km nordwestlich von Belves und in 1:30h zu erreichen. Die Flugstrecke ist relativ unkompliziert, trotzdem sollte man sich mit dem Anflugverfahren von La Rochelle im Vorfeld vertraut machen.
Das von uns erwartete Anflugverfahren wurde jedoch von der freundlichen Cotrollerin nicht angewendet. Wir wurden von einer Ecke der Kontrollzone in eine andere geschickt und zu guter Letzt drehte die Dame kurz vor dem Endanflug auch noch die Landerichtung. So kamen wir zu einem längeren Sightseeing der durchaus sehenswerten Umgebung, inclusive der vorgelagerten Insel, Ile de Re.
Nach der Landung galt es noch die Geheimnisse der GAT-Administration zur ergründen. Warum man in Zeiten der elektronischen Datenverarbeitung etliche Formulare mit sich wiederholenden Fragen ausfüllen muss, konnten wir nicht enträtseln. Dafür war der Bus in die Stadt direkt vor dem Zaun in Warteposition und wir konnten ohne weitere Verzögerungen die Fahrt zur Altstadt antreten.
Die Altstadt und das Hafenviertel waren sehr belebt und es war gut zu sehen, dass die Leute überwiegend Schutzmasken trugen und – wo immer möglich
– Abstand hielten. Wir waren ebenfalls, der Corona-Lage entsprechend, vorsichtig und vermieden Ansammlungen an den Sehenswürdigkeiten.
Die Hafenanlage von La Rochelle liegt direkt vor der Stadt und ist voll belegt mit Schiffen und Booten aller Gattungen. Etwas außerhalb der Stadt liegt die U‑Boot Bunkeranlage von La Pallice. Dort wurde an historischen Schauplatz der bekannte Film „Das Boot“ und Szenen des ersten Teils von „Indiana Jones“, sowie der Film „Der ungeratene Sohn“ gedreht. Wegen der Corona-Restriktionen konnten wir diesen Ort jedoch nicht besuchen.
Nach einem Mittagessen in einem Restaurant an der Hafenpromenade machten wir noch einen ausführlichen Spaziergang entlang der historischen Hafenanlage und ließen und die frische Atlantikluft um die Nase wehen.
Zurück am Flugplatz hatten wir noch die Gelegenheit einen Blick in den Hangar der „Elixir Aircraft“ zu werfen. Das mittels neuer Fertigungstechniken
hergestellte und nach EASA CS-23 zugelassene Flugzeug soll mit einem ROTAX 912-IS eine Reisegeschwindigkeit von 130kts erreichen. Es soll demnächst auch mit einem 915-IS erhältlich sein. Mit einer, durch Bankgarantie abgesicherten, Vorauszahlung von 40% des Kaufpreises soll man mit einer Lieferung in 2022 rechnen können. Leider blieb uns keine Zeit für weitere Recherchen, aber auf der Webseite des Unternehmens sind mehr Informationen zu finden.
Auf dem Rückweg nach Belvès, ganz in der Nähe von Bayac und Bergerac liegt übrigens die Ferme Auberge de Rebeyrotte, die über eine private Piste für ECHOs, TMGs und ULs verfügt. Die Gastlichkeit geht hier sogar so weit, dass Bauplätze mit Anschluss an die Piste feil geboten werden für diejenigen, die ihren Aufenthalt auf unbestimmte Zeit ausdehnen möchten. Jedoch steckt diese „Fly-In-Community“, im Gegensatz zu derjenigen in Biscarosse, noch in den Kinderschuhen.
Natürlich – und nicht unwichtig — wurden auch auf diesem Ausflug, stellvertretend für die Küche des Périgord, folgende Restaurants getestet.
Das Schlosshotel Chateau les Merles in Mouleydier bietet in seinem Gourmet Restaurant gehobene Küche zu noch erträglichen Preisen. Das Restaurant befindet sich in einer alten Scheune mit einem großen mittelalterlichen Kamin. Im Sommer findet der Betrieb überwiegend auf der Terrasse des Hotels statt. Unser Dinner fand bei schönem Wetter mit Kerzenschein auf der Terrasse statt. Wir waren mit den Leistungen der Küche und des Service (man spricht sogar deutsch) sehr zufrieden und können das Chateau ohne Einschränkung weiterempfehlen.
Noch ein Hinweis für die Freunde des Golfsports: Das Hotel verfügt über einen angegliederten Golfplatz.
Das Hotel-Restaurant „Lou Peyrol“ in Montferrand-du-Périgord, welches von den Inhabern Sarah und Thierry Mori betrieben wird, stand auch bei dieser Reise auf unserer kulinarischen „To-Do-Liste“. Bei schönem Wetter genießt man sein Abendessen stilvoll im Garten, in der kühleren Jahreszeit bietet das historische Anwesen liebevoll ausgestattete Räumlichkeiten. Auch bei diesem Besuch waren wir von Thierrys Leistungen begeistert. Da Sarah aus England stammt, ist die Kommunikation auch in ihrer Muttersprache gewährleistet.
Teil unserer Mission war es auch dieses Mal eine Auswahl der lokalen Weine zu unseren Abendessen zu verköstigen. Die Weinregion des Périgord, Bergeracois, ist nach der Stadt Bergerac benannt und liegt östlich vom Weinbaugebiet Bordeaux. Die Produkte des Perigord können sich durchaus mit denen des berühmteren Nachbargebietes messen. Aushängeschild ist die Lage Pécharmant, in der auch die Familie de Saint-Exupéry ein Weingut betreibt. Chateau Tiregand, das in einschlägigen Weinführern hoch geschätzt wird und „Saint-Ex“ persönlich findet sich im Stammbaum der Familie, der im Ausschankraum an prominenter Stelle die Aufmerksamkeit des fliegerisch und / oder literarisch interessierten Besuchers auf sich zieht.
Zurück zur Fliegerei: Vom Aeroclub Belves werden Touristikflüge mit der vereinseigenen C172 durchgeführt. Der bunte Flieger kam vor ein paar Monaten aus Deutschland und wurde mittlerweile mit einem französischen Kennzeichen ausgestattet. Ein erfahrener Rentner-Pilot kommt jeden Sommer extra aus Paris angereist um diesen Rundflugservice durchzuführen. Eine schöne Methode sich die Zeit zu vertreiben.
Die Zeit verging auch diesmal wie im Fluge und schon stand der Rückflug an. Die Flugwettervorhersage war auf der gesamten Strecke gut und wir konnten für den Rückweg unsere „Standard-Route“ über Auxerre planen. Es gab jedoch ein unerwartetes Ereignis welches unseren Abflug verzögern sollte. Auf dem Weg vom Hangar zur Tankstelle durchstieß ein unbekannter Gegenstand einen der Reifen am Hauptfahrwerk. Mit lautem Knall versagte der Schlauch und der Flieger stand auf der linken Felge. Nach den auf vielen UL-Ausflügen gesammelten Erfahrungen führt man immer einen kleinen Werkzeugsatz und einen Ersatzreifen incl. Schlauch an Bord mit. So kann man sich helfen und bleibt wegen einer solchen Lappalie nicht hängen. Noch besser wäre es gewesen auch einen gekröpften 14er Schlüssel zum Lösen der Radachsenschrauben dabei gehabt zu haben. Die Mitglieder des lokalen Aeroclubs Clubs waren besser ausgestattet als wir und kamen mit Rat, passendem Schlüssel und Kompressor zu Hilfe, so dass auch diese Hürde überwunden werden konnte.
Nun stand dem Abflug nach Auxerre nichts mehr im Wege und das 420 km entfernte Ziel war nach 2:05h erreicht.
Nach dem Auftanken und einer Mittagspause in der luxuriösen Lounge — welche von Privatpiloten kostenlos genutzt werden kann – noch schnell den vorgeschriebenen Flugplan nach Deutschland aufgeben und schon konnte es weiter gehen.
Zur Vermeidung von Turbulenzen haben wir den Rückflug, wo immer es die Luftraumsituation gestattete, über den Wolken durchgeführt.
Nach einem schönen und entspannten Flug hatten wir unseren Heimatflugplatz Mainz nach 2:15h wieder sicher erreicht.
Fazit: Die Nouvelle-Aquitaine ist vom Frühling bis zum Herbst eine Reise wert. Das angenehme Klima, das abwechslungsreiche Landschaftsbild, die vielen historischen Bauwerke und das kulinarische Angebot bieten für jeden Geschmack etwas. Wer genügend Zeit mitbringt, hat hier die Möglichkeit weitere Ausflugsziele anzusteuern. Die Städte Bordeaux, Biarritz, Carcassonne, San Sebastian, Tarbes und Toulouse sind von hier in ca. einer Stunde zu erreichen und bieten weitere Möglichkeiten Land und Leute kennenzulernen.
Text: Armin Hanus Bilder: Armin Hanus, Bernhard Hehn, Lou Peyrol, Chateau les Merles