Es gibt einige gute Gründe zum Goodwood Revival zu fliegen: Das Flugerlebnis, die klassischen Autos, die Rennen, die historischen Flugzeuge und — nicht zu vergessen — die Leute.
Doch vor dem Vergnügen steht etwas Arbeit für die Piloten an – eine gründliche Vorbereitung des Fluges incl. Plan B im Falle von unerwünschten Schlechtwetterlagen. Grundlage für den Flug nach GB mit einem UL ist eine Einfluggenehmigung der Civil Aviation Authority. Weiterhin sollte man im Vorfeld die Betankungsmöglichkeiten auf der Strecke und Möglichkeit zur Erledigung der Nicht-Schengen Ein- und Ausreiseformalitäten klären.
Der erste Teil der geplanten Strecke führte südlich am Flugplatz von Luxemburg vorbei nach Albert (Bray). Dort planten wir einen kurzen Tankstopp und die Ausreise nach UK. Danach Weiterflug zur Küste und die Kanalüberquerung von LeTouquet nach Lydd. Von dort an der südenglischen Küste entlang bis zum Flugplatz Lee on Solent.
Schon nach ca. 40 Minuten erreichten wir die Mosel, die hier Deutschland von Luxemburg trennt. Ab hier flogen wir unter der Obhut von Luxemburg Approach bis hin zur Landesgrenze nach Frankreich.
Danach Frequenzwechsel zu Paris Info und Abfrage des jeweils aktuellen Status der militärischen Lufträume. Dank des kräftigen Ostwindes erreichten wir die Kontrollzone von Albert deutlich schneller als geplant.
Der Einflug in den rechten Gegenanflug 08 und die Landung wurden uns sofort genehmigt und es vergingen keine 5 Minuten bis wir an der Tankstelle standen.
Wenn man im Vorfeld mit der Administration von Albert den Spritbedarf und die Ein- und Ausreiseformalitäten abgeklärt hat und den General Aviation Report (GAR) nach UK schon aufgegeben hat, ist alles ganz einfach. Wegen der kürzeren Flugzeit und der schnellen Abwicklung am Boden änderten wir noch unseren Flugplan und nach 40 Minuten waren wir schon wieder in der Luft. Danke an das freundliche Team in Albert!
Nach dem Ausflug aus der Kontrollzone von Albert Frequenzwechsel zu Lille Info und Weiterflug bei bestem Flugwetter zur Küste zum Meldepunkt N von LeTouquet bei Boulogne sur Mer. Nun lagen 50 km Meer vor uns. Die obligatorischen Schwimmwesten hatten wir bereits vor dem Erreichen der Küste angelegt.
Von hier ging es weiter zum Meldepunkt SOVAT und dort erfolgte der Frequenzwechsel zu London Info „for basic service“. Nach 5 Minuten hatten wir bereits die englische Küste in Sicht.
Nach weiteren 5 Minuten Flugzeit hatten wir die Küste bei Lydd erreicht und nahmen Kurs in Richtung Westen.
Von Lydd flogen wir zum VOR Seaford und weiter an der Küste entlang in Richtung Brighton.
Zwischen Brighton und Worthing liegt der Flugplatz Shoreham den wir neben Lydd als Alternate vorgesehen hatten.
Nach 30 km war Chichester/Goodwood erreicht. Wegen der Grossveranstaltung war der Flugplatz nur für historische Flugzeuge im Rahmen des Events geöffnet. Deshalb hatten wir das nur 30 km entfernte Lee on Solent in der Nähe von Portsmouth als Zielflugplatz geplant und setzten unseren Flug in Richtung Westen fort.
Portsmouth mit Meldepunkt Spinnaker Tower und im Hintergrund Lee on Solent in Sicht. Welch ein Anblick! Alle Sehenswürdigkeiten im Hafenbereich sind schon zu erkennen. Admiral Nelson hätte seine Freude seine HMS Victory wieder zu sehen. Die Victory (Baujahr 1765) ist das älteste im britischen Marinedienst befindliche Schiff und dient heute als Flaggschiff des Ersten Seelords. Ein perfektes Beispiel britischer Tradition!
Nun gilt es sich auf den Anflug vorzubereiten. Der kräftige Ostwind, der uns auf der Strecke so schön angeschoben hatte ist nun als Seitenwind im Anflug zu berücksichtigen. Den Funkontakt mit dem Platz hatten wir schon bei Spinnaker Tower aufgenommen und die Landerichtung 05 erforderte einen Anflug über das Meer.
Im Übergang Wasser zu Land erwarteten uns kräftige Turbulenzen denen wir mit erhöhter Anfluggeschwindigkeit entgegenwirkten. Selbst beim Rollen nach der Landung galt es vorsichtig zu sein.
Nachdem wir den Flugplan geschlossen und unser Luftsportgerät gesichert hatten, nahm uns ein freundlicher Fliegerkamerad mit seinem Auto nach Gosport mit.
Von hier ging es mit der Fähre nach Portsmouth. Die Anlegestelle befindet sich ganz in der Nähe unseres Hotels „The Royal Maritime Club“ und einem Stützpunkt von unserem Autovermieter.
Neben der bereits erwähnten HMS Victory befindet ist im Hafen auch die HMS Warrior aus dem Jahre 1860.
Die Warrior war das erste hochseetaugliche Panzerschiff mit einem 11,4cm dicken Eisenrumpf und galt zu ihrer Zeit als unverwundbar. Wegen der geringen Reichweite unter Dampf hat die Warrior auch noch eine Volltakelage.
Die nächsten Tage:
Goodwood und die Autos. Schon der Parkplatz für die Oldtimer ist die Reise wert!
Ein Schmuckstück parkt neben dem anderen. Die Gesamtzahl der historischen Fahrzeuge ist schwer zu schätzen.
Es sind auf jeden Fall mehrere tausend Oldtimer die hier versammelt sind.
Ein Beispiel stellvertretend für viele andere: Ein historischer Bentley im Top-Zustand.
Die Jaguar Freunde haben ihren eigenen Parkplatz. Man kann nur staunen wie viele „XK“ und „E“ Typen mit GB Kennung heute noch gefahren werden.
Ein Ferrari Rennwagen mit englischer Strassenzulassung. Ob das so in Deutschland funktionieren würde?
An diesem Stand muss der Sportwagen und Cobra Fan seine Kreditkarte gut festhalten.
Empfehlung: Unbedingt die Webseite von „Total Headturners“ besuchen.
Alternativ geht es auch klassisch bei Jag & Co.
Und wenn es noch etwas teurer werden darf ist man hier richtig aufgehoben.
Motor oder Kunstwerk – wahrscheinlich beides.
Das nächste Kapitel: Goodwood und die Flugzeuge.
In Goodwood kann man bei Bonhams auch historische Flugzeuge ersteigern.
Diese Spitfires kann man am Boden und in der Luft bestaunen.
Spitfire im Anflug.
Mustang und Spitfire in Formation.
Das nächste Kapitel: Goodwood und die Rennen.
Die mutigen Männer mit ihren alten Schätzchen
Noch mehr mutige Männer mit ihren teuren Spielzeugen.
Das letzte Kapitel: Goodwood und die Leute.
Sehen und gesehen werden.
Kleider machen Leute.
Selbst ein Overall hat eine gewisse Anziehungskraft.
Captain Frank beim morgendlichen Appell.
Rock´n roll forever
Das Urteil vom Team D‑MHHC „Goodwood ist Spitze“
Der Rückflug war ursprünglich, wie schon der Hinflug, in 2 Etappen geplant. Wegen der deutlichen Änderung der Wetterlage mussten wir jedoch Plan B aktivieren und uns von Flugplatz zu Flugplatz neu entscheiden auf welcher Route ein sicherer Rückflug möglich ist.
Die erste Etappe planten wir von Lee on Solent über Lydd nach LeTouquet.
Nach dem Start in Lee on Solent sah alles (noch) sehr gut aus.
An der Ostspitze der Isle of Wight waren die Sichten gut und die Basis bei ca. 3000 ft.
Bei Lydd waren die Sichten noch ausreichend um den Kanal in 3000 ft zu überfliegen. Bei London Info erhielten wir Informationen von anderen Flugzeugen die den Kanal nach VFR Regeln überflogen. Sicherheitshalber holten wir uns noch das aktuelle Wetter von LeTouquet bevor wir Kurs auf die französische Küste nahmen. Die Segelboote gaben uns eine brauchbare optische Referenz für Höhe und Entfernung. Auf halber Strecke begann es zu regnen, und die Sicht ging merklich zurück. Der Tower von LeTouquet meldete trotz Regen VFR Bedingungen, so dass unsere Landung sichergestellt war. Da unser UL mit GPS, EFIS und den klassischen Uhren gut ausgestattet ist, waren wir uns über Position und Flugdaten immer im klaren.
Bald tauchte auch die Küstenlinie auf und Le Touquet gab uns die Freigabe zum Einflug in die Kontrollzone.
Landung frei auf Piste 14 in LeTouquet.
LeTouquet – Paris Plage, welch ein schöner Name — der so gar nicht zum aktuellen Wetter passen will.
Guter Rat ist teuer, besonders wenn sich die Wetterberichte aus unterschiedlichen Quellen widersprechen. Also erst einmal abwarten und im sehr guten Flugplatzrestaurant etwas essen und die Lage erneut peilen. Nach ca. 2 Stunden bessert sich die Lage und wir entscheiden uns zum Weiterflug über Abbeville und Amiens nach Peronne.
Sicherheitshalber ergänzen wir noch unseren Spritvorrat um flexibel zu sein. Bis Abbeville ging es gut voran, aber auf halber Strecke nach Amiens begann es wieder zu regnen, so dass wir uns sicherheitshalber zur Landung in Amiens entschlossen.
Nach der Landung in Amiens stellten uns die freundlichen Fliegerkameraden vom Aeroclub einen Hangarplatz zur Verfügung, gaben uns Tipps zur Übernachtung und fuhren uns zum nahen Hotel.
Am nächsten Vormittag ging es nach ausgiebigem Studium der Wetterlage weiter bis Sedan. Die Tankstelle und das Bistro waren geschlossen und ausser einem Flugzeugkonstrukteur war niemand am Platz. Zum Glück hatten wir in LeTouquet ausreichend getankt, so dass wir genügend Sprit für den letzten Teil der Strecke in den Tanks hatten. In der nahen Stadt machten wir eine ausgiebige Mittagspause und dann konnte es weiter gehen.
Auf dem letzten Streckenabschnitt nach Mainz begann es es wieder zu regnen, aber die Sichten waren immer gut solange man ausserhalb der Schauer flog.
Der ständige Wechsel von Sonne und Wolken war teilweise mit heftigen Böen garniert, so dass sich beim Pilot und Co keine Langeweile einstellte. Diese Wetterlage begleitete uns bis zur Landung an unserem Heimatplatz Mainz.
Fazit: Ein abwechslungsreiches und eindrucksvolles Flugerlebnis mit extrem unterschiedlichen Wetterbedingungen. Das Goodwood Revival Festival ist eine klare Empfehlung und ein „muss“ für jeden Klassikfreund.
Armin Hanus