UL-Team England fliegt nach Italien 2010

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….….… und noch ein Flieger­traum -

Am Sonntag, dem 6. Juni 2010 sollte es mit 4 UL-Flugzeugen nach England gehen.

Unsere acht Mainzer Ultra­leicht-Piloten fieberten diesem lange geplanten Flieger­urlaub entgegen. Doch je näher der Termin kam, desto grösser wurden die Tiefs mit Richtung England über dem Atlantik. Am Freitag vor dem geplanten Abflugtag war es klar: England verhüllt sich wieder einmal in Regen­wolken und diese Reise würde deshalb kein Urlaubs­ver­gnügen werden.

Aber unsere Mainzer UL-Piloten lassen sich nicht so leicht aus der Fassung bringen.

Also wurde Plan B aktiviert: Bella Italia, wir kommen wieder!

Die Planung einschließlich mehrerer Alter­na­tiv­routen über die Alpen war schnell durch­ge­führt, da ein paar Wochen vorher zwei der acht Teammit­glieder von einer Sizili­en­reise zurück gekommen waren (siehe auch hierzu den Bericht „Italien — ein Flieger­traum“). Mit diesem Erfah­rungs­schatz im Reise­gepäck waren wir bestens für das Fliegen in Italien und die Überquerung der Alpen gerüstet.

Und hier die Tages­be­richte von unseren Piloten aus den verschie­denen Teams:

Sonntag (Armin):

Der erste Teilab­schnitt führte uns von Mainz nach Jesenwang (EDMJ). Nach ca. 2 Stunden war dieser Teil der Reise schon geschafft. Tanken, das aktuelle Alpen­wetter einholen, eine kleine Erfri­schung und weiter ging die Reise. Als Route hatten wir den landschaftlich reizvollen Überflug des Gross-Glockner vorge­sehen.

Nach einer Zwischen­landung mit Kaffee­pause in Zell am See gingen die 4 Teams an die Bewäl­tigung des Passes am Hochtor an der Ostflanke des Glockners.

Hierzu wurde an den Bergflanken der kostenlose Aufwind genutzt und nach mehreren Kreisen hatten wir die notwendige Höhe zur Überquerung in ca. 10.000 Fuss getankt.

Von nun an ging es stetig bergab und Lienz war schnell erreicht. Nun noch den Plöckenpass in ca. 5500 Fuss überfliegen und Italien lag uns zu Füssen.

Nach Sichtung des Taglia­mento führte uns dessen unüber­seh­bares Bett zur Siesta nach Enemonzo. (UD05‑5 — Enemonzo — Zampieri : 46°24.26 N 12°53.12 E 530m 122.00 MHz)

Das England-Italien Team nach der Ankunft in Enemonzo

Bernhard H. Hans-Ulrich W. Dieter K. Oliver L. Fritz-Werner K. Helmut J. Lilli M.

und Armin H. hinter der Kamera)

 

Der nächste Reise­ab­schnitt führte nach Al Casale — Codroipo (Friuli Venezia Giulia UD12‑5).

Der UL-Platz Al Casale http://www.alcasale.eu/ita/struttura/index.html ist relativ leicht neben dem Flussbett des wild und natürlich verlau­fenden Taglia­mento zu finden.

Eine gepflegte Grasbahn, ein tolles Landhotel mit Restaurant und Swimming Pool, sowie ein „First Class Service“ durch Nadja, Sandro und Team warten auf die Piloten. Dieser Platz wurde für die nächsten fünf Tage unser Basis­lager.

 

Montag (Dieter):

Nach den überwäl­ti­genden Eindrücken der Alpen­über­querung vom Vortag stand der Gruppe am Montag der Sinn nach etwas Kultur. Was liegt da näher, als “der” Kultur­stadt schlechthin, Venedig, einen Besuch abzustatten. Die Flugplanung gestaltete sich denkbar einfach. Man folge dem Taglia­mento bis zur Mündung in die Adria und folge der Küste westwärts bis zum Aerodrome Venezia Lido. Dort ließ man sich das Aufsetzen der Räder mit 26,- Euro fürstlich entlohnen — pro Flugzeug versteht sich. Die Grasbahn war gut und stellt mit 994 m Länge auch für größere und schwerere Trans­port­mittel kein Problem dar.

Die Rollwege hingegen überraschten mit viel zu hohem Gras. Bei der Lande­gebühr hätte man einen etwas gepfleg­teren Zustand erwarten dürfen. Als Entschä­digung wurden wir aber mit einem Van vom Flugzeug zum Terminal chauf­fiert.

Um zum Fähran­leger zu gelangen, konnte man die ca. 1,5 km zu Fuß gehen oder das Taxi nehmen. Ob des schönen Wetters entschieden wir uns spontan zum Spaziergang entlang der schönen Uferpro­menade. Per “Vaporetto”, so heißen die Wasser­busse, erreichten wir schliesslich den Anleger San Marco, wenige Schritte vom Markus­platz und Dogen­palast entfernt.

Von ortskun­digen Mitrei­senden geführt, besich­tigten wir im Zeitraffer die Sehens­wür­dig­keiten der Stadt, bis uns der Magen daran erinnerte, dass bereits Mittagszeit war. Um die Urlaubs­kasse nicht über Gebühr zu strapa­zieren, suchten wir ein kleines, aber feines Restaurant etwas außerhalb des Zentrums am Fisch­markt auf. Nachdem wir unsere Mägen gefüllt hatten, unter­nahmen wir weitere Streifzüge durch die Innen­stadt, um diverse Einkäufe für die Lieben zuhause zu tätigen. Dann zog es uns wieder in Richtung Flugplatz. Einige Aviateure wollten jedoch die “lange” Rückreise (Flugzeit ca. 35 Minuten) nicht antreten, ohne vorher den feinsan­digen Strand von Lido zu erkunden und sich im Meer zu erfri­schen.

Den Dienst­schluß der Lido Flugleitung um 19:00 LT berück­sich­tigend, erhoben sich am frühen Abend alle vier Luftfahr­zeuge vom Erdboden mit Ziel Al Casale, unserer Basis­station, wo uns Sandro bereits mit einem freund­lichen “klierde tu lände” empfing. Ein wunder­bares 4‑Gänge-Dinner krönte den durchweg gelun­genen und erleb­nis­reichen Tag.

Dienstag (Helmut):

Der Wetter­be­richt versprach wunder­bares Wetter und tolle Sicht­ver­hält­nisse. Ideal für einen Flug über die Adria nach Vrsar in Kroatien. Sandro hatte noch einige Schwimm­westen, die er uns freund­li­cher­weise auslieh. In 500 Fuss folgten wir dem Taglia­mento bis zur Küste dann über die Bucht nach Grado.

Der Adria­überflug bereitete keine Probleme und die kroatische Küste war bald gut zu sehen.

Nach kapp 50 Minuten berührten unsere Räder kroati­schen Boden. Als erstes war die kombi­nierte Lande-/Einrei­se­gebühr in Höhe von 20,-€ in bar fällig. Bürokratie fiel dafür keine an.

Per Pedes erreichten wir unseren ersten Zwischen­stopp “Petra”, einem wunder­vollen Restaurant mit sehr guter Küche und gutem Service.

Der nächste Höhepunkt war die Eroberung von acht Luxus­liegen inklusive eines Schat­ten­platzes. Dem Badeauf­enthalt direkt an der Küste mit tollem, klarem Adria­wasser stand nichts mehr im Wege. Gegen Nachmittag zeigten sich einige Wolken am Himmel und die Zeit für den Rückflug war gekommen. Nochmals genossen wir die wunder­baren Ansichten der Küstenorte Istriens.

Der weitere Rückflug über die Wasser­strecke verlief problemlos, aller­dings zog an der italie­ni­schen Küste leichter Seenebel auf, den wir mit Sichten von ca. 5 Kilometer durch­flogen um dann wieder sicher in Al Casale zu landen. Kroatien – wir kommen wieder!

Mittwoch (Fritz-Werner):

Die allabend­liche Flugvor­be­rei­tungs­de­batte beim mehrgän­gigen Menü ergab für den Mittwoch die Idee einer genaueren Besich­tigung des Taglia­mento. Dieser Fluss — oder genauer: sein breites Flussbett — war uns schon beim Hinflug unüber­sehbare Orien­tierung. Da wollten wir also einmal genauer hinsehen. Immerhin ist der Fluss knapp 180 km lang und gilt als einer der letzten, in jedem Fall aber als der größte Wildfluss der Alpen.

Nach dem obligaten Tanken ging es rasch hinaus über das schnee­weiße Flussbett direkt vor dem Platz und dann Richtung Norden. Italien-vorge­schriebene Tiefflug­weise zeigte uns gewis­ser­maßen von ganz nahe, wie tiefgreifend dieser vom Hochwasser geprägte Alpen­fluss ein ständiges Umlagern des Schot­ter­betts verur­sacht, das deshalb bis auf einen schmalen Saum nahezu vegeta­ti­onsfrei ist. Manche Abschnitte wären vielleicht sogar gute Außen­lan­de­flächen — verfügt man über diese Super-Mega-Taiga-Ballon­reifen.

Wir taten es nicht und bevor­zugten daher den großzü­gigen UL-Platz Enemonzo-Zampieri (was für ein Name!).

Und weiter ging es zu Fuß in Flughöhe 0 (AGL) – von Gewässer aller­dings kaum eine Spur, obwohl die Schnee­schmelze Anfang Juni noch nicht abgeschlossen sein sollte. So entdeckten wir nur verbliebene Resttümpel mit Kaulquappen, trockene Tamaris­ken­fluren, Grauerlen und Silber­weiden, die versuchen, sich in dieser Schot­ter­wüste irgendwie zu verankern. Auf den ersten Blick vielleicht keine spekta­ku­lären Pflanzen — doch der Gesamt­ein­druck ließ erahnen, wie mächtig und frei hier noch die Natur­kräfte wirken. In ganz Europa findet ein Umdenken über den Hochwas­ser­schutz an Flüssen statt — Stichwort: Mehr Raum für das Gewässer — .

Der Taglia­mento ist das einzig verbliebene Muster hierfür im Alpenraum.

Genug Schotter-Stamp­ferei! Das nette Restaurant am Platze verwöhnte uns erneut mit Taglia­telle am Taglia­mento und anschließend zieht uns der Rotax wieder Richtung Süden.

Nach der Erkun­dungstour des Taglia­mento nutzen 2 unserer besonders fleis­sigen Piloten die Chance und flogen mit der FK14 durch die wunder­schönen Täler der südlichen Voralpen nach Bovec (LJBO) in Slowenien.

Fantas­tische Wildbäche für Rafting-Freunde und der 106 Meter hohe Boca-Wasserfall sind die Belohnung für einen Flug auf diesem Grenz­ab­schnitt zwischen Italien und Slovenien.

Die tägliche Pool-Plansch-Stunde in Al Casale lockt und dann natürlich wieder die allabend­liche Flugvor­be­rei­tungs­de­batte bei Pasta und Pesto.

Donnerstag (Bernhard & Oliver):

Am Donnerstag hat die Hälfte der Piloten eine Besich­ti­gungstour in Udine unter­nommen.

“Donnerstag stand für je 50 % der Teams CC und HC sowie für das Team VV die terres­trische Erkundung von Friuli / Giulia Venezia an. Es sollte von Codroipo aus mit dem “hausei­genen” Fiat Punto nach Udine, in die Partner­stadt von Esslingen am Neckar gehen.

Doch zunächst einmal zog der Anblick eines am Straßenrand vorbei huschenden Flugzeug­wracks das Interesse der vier Aviatiker auf sich.

Die nähere Unter­su­chung zeigte, dass es ich um eine vollständige, wenn auch zerlegte, Fairchild C 119 (Flying Boxcar) handelte, die den schönen, großen Grasplatz des Aeroclub Friulano ziert.

Schnell kamen italie­nische und deutsche Flieger trotz gering­fü­giger Sprach­bar­rieren, die ja ab sofort dank des “ICAO English Profi­ciency Test” nachhaltig gelöst sind, ins Gespräch und in die Fachsim­pelei.

Danach ging es weiter in Richtung Osten, schnur­stracks zum Centro von Udine, vorbei an mit Rosen gesäumten Straßen.

Die sehr schöne Altstadt wurde nun erkundet, schattige Gassen begangen, venezia­nische Rathäuser bestaunt, Festungs­hügel erklommen.

Zur Stärkung dann der obligate stop-over in einem Straßencafe mit Blick auf das bunte Treiben des Markt­tages. Zum Abschluss wurden dann noch Mitbringsel für die daheim geblie­benen erstanden und Auftrags­ein­käufe für die fliegenden Kameraden erledigt.

Alles in allem ein Ausflug der sich gelohnt hat, wenn auch nur terres­trische Stunden geloggt werden konnten.”

In der Zwischenzeit haben Dieter und Oliver die Gelegenheit genutzt um einen Alpen­ausflug mit der FK14 zu unter­nehmen, während Lilli und Helmut die Küste mit der FK9 besuchten.

Das Wetter in den Alpen bot Wolken in 7500 ft, so konnten Oli und Dieter mit der FK14 zwar nicht den Alpen­hauptkamm überqueren aber die Dolomiten mit ihren Spitzen in den Wolken waren eine mystische Fluger­fahrung.

Entlang der 3 Zinnen ging es an Cortina bis zur Langko­fel­scharte bei der Sella-Gruppe.

Langsam stieg nun auch die Wolken­basis und der Rückflug über die Marmolada und dem oberen Taglia­mento bescherte nun auch freund­liche, farbige Eindrücke der gewal­tigen Gebirgs­massive. Mittags­pause zum italie­ni­schem Essen bei den schönen Holzhütten in Enemonzo (Taglia­telle am Taglia­mento). Jetzt noch schnell die Badehose in Al Casale geholt und schliesslich noch weitere 15 Flugmi­nuten zum UL-Platz nach Caorle (VE11‑4 Caorle-Mazarack 45°38.43 N 12°56.60 E Piste: 17/35 440 x 25m) , welcher direkt an der Adria liegt.

Dort hörten wir gerade noch Lilli und Helmut am Funk. Schade — knapp verpasst.

Nach 8 Grad Aussen­tem­pe­ratur in den Dolomiten konnte man sich nun noch hervor­ragend bei 28 Grad am Strand aufwärmen und gleich wieder im Meer abkühlen.

Ein rundum gelun­gener Fliegertag mit allen Impres­sionen, welche sich ein Flieger nur wünschen kann — einfach super!

Freitag (Lilli):

„La dolce vita!“ Wie gerne wären wir noch länger in Italien geblieben, zumal uns fünfhundert Frauen zu der Freitags-Pool-Party angekündigt waren. Nicht, dass ich mich so für die Frauen inter­es­siert hätte, aber gerne hätte ich mal „meine“ sieben Mainzer Piloten unter fünfhundert jungen schönen Italie­ne­rinnen gesehen…

Aber leider leider mussten wir wegen des alles bestim­menden Wetters schon am Freitag­morgen unsere Heimreise antreten. Und das Wetter beein­flusste auch die Routenwahl und so nahmen wir den gleichen Weg wie auf der Hinreise, nämlich direkt über den Großglockner mit seinen traumhaft schönen Schnee­spitzen und grünen Tälern.

Einer­seits nahm einem die unglaublich tolle Aussicht den Atem, anderer­seits oft auch die teilweise kräftige Thermik, in Abwechslung mit Leewirbeln. Die haben unsere kleinen UL´s schon ziemlich durch­ge­schüttelt, aber durch den Aufwind war auch ein schnelles, einfaches Steigen unserer leichten Luftsport­geräte möglich, und so kamen wir angespannt, aber problemlos über die Alpen. Mit jedem Meter Höhe und Entfernung aus Italien kam bei mir auch schon leichte Melan­cholie auf, weil die Urlaubstage so schnell vergingen und mit dem Land hinter uns auch die Leich­tigkeit des Fliegens wieder verschwand. Wo in Deutschland kann man in max. 500 ft über Strände und Landschaften fliegen und die Leute winken einem noch begeistert zu?

Dieses Mal ohne Zwischen­landung in Zell am See, kamen wir planmäßig in Jesenwang zum Auftanken und einer kleinen Erholungs­pause an. Der Rest der Strecke war ohne besondere Highlights und so setzten alle heil und glücklich gegen Mittag in Finthen auf.

Al Casale war der perfekte Ort für uns acht Ultra­leicht­flieger. Es ist ein Standort, der Tages­aus­flüge ans Meer, in die Berge, sowie nach Slowenien und Kroatien ermög­licht. (Wieso haben wir eigentlich in Venedig statt in Kroatien so viele Krawatten kaufen können, obwohl die Kroaten die erfunden haben?) Verdrehte Welt, aber schöne Welt und eine schöne Reise und soooo viele kleine Lande­bahnen warten noch auf uns!

Arrive­derci Italia !

Bye Hrvatska!

Adijo Slovenija!

„Ich will zurück nach Italien!“. Das war der spontane Ausruf eines Mainzer UL-Piloten nach unserem Sizilien Ausflug Ende April. Genau das haben wir gemacht und wir werden es bei der nächsten passenden Gelegenheit wieder tun.

Armin H.

 

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